Lutz Ribbe, Direktor von Euronatur: "Der anhaltenden Überförderung weniger Großbetriebe und Lobbyisten fehlt jede Legitimation. Die Steuerzahler wollen wissen, was mit ihrem Geld passiert. Es kann nicht darum gehen, wenige reich zu machen. Arbeitsplatz- und Umweltsicherung müssen in den Mittelpunkt gestellt werden. Dazu brauchen wir die in Brüssel geplante gezielte Umverteilung. Statt für exportorientierte Industriebetriebe muss entschieden mehr Geld für Agrarumweltprogramme, Ökolandbau und regionale Verarbeitung bereitgestellt werden. Diese bäuerlichen Leistungen bringen die meisten Arbeitsplätze, den effizientesten Klimaschutz, gesunde Lebensmittel und erhalten eine naturnahe Kulturlandschaft."
In Deutschland erhielten 2006 nur 1,5 Prozent der Betriebe jeweils über 100 000 Euro und insgesamt fast ein Drittel der Direktzahlungen an die deutsche Landwirtschaft. Eine Recherche des BUND zeige, wie die Interessen einzelner Agrar-Lobbyisten des Bauernverbandes und der Landwirtschaftsgesellschaft mit denen von Großbetrieben und der Industrie verwoben sind. So sahne z.B. der Vizepräsident des Bauernverbands, Werner Hilse, mehrfach ab: Der niedersächsische Großbauer erhalte rechnerisch rund siebenmal mehr Subventionen als der Durchschnitt der Bauern des Bundeslandes. Gleichzeitig profitiere er als Aufsichtsrat des Fleischkonzerns Vion von den immensen Agrar-Exportsubventionen (6,8 Millionen Euro im Jahr 2005). Als Vorstand des niederländischen Kartoffelstärkeunternehmens AVEBE profitiert er außerdem von EU-Beihilfen für Stärkekartoffeln.
Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des BUND: "Es überrascht nicht, dass deutsche Agrar-Lobbyisten die Pläne der EU-Kommission strikt ablehnen, denn viele von ihnen bekämen dann selbst weniger Subventionen. Die Mehrheit der Bauern und Beschäftigten würden aber in Wirklichkeit von der Umschichtung erheblich profitieren."
Unverständlich sei, dass sich Seehofer und die Mehrheit der Agrarminister der Länder vehement gegen eine Kürzung von Großsubventionen und Umschichtungen aussprächen. "Wer eine Umverteilung der Gelder ablehnt, macht sich zum Büttel weniger Subventionsprofiteure und gefährdet die gesellschaftliche Unterstützung für die Bauern. Staatliche Beihilfen müssen kurzfristig offen gelegt und bewertet werden, ob sie sich positiv oder negativ auf Beschäftigung und Umweltschutz auswirken", so Weiger.