Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie EG-WRRL verpflichtet die Mitgliedstaaten alle Gewässer - Grundwasser, Flüsse, Seen und Küstengewässer – bis 2015 in einen „guten ökologischen Zustand“ zu versetzen. Die für Gewässer typischen Tier- und Pflanzenarten sollen sich entwickeln können, Belastungen mit Nähr- und Schadstoffen reduziert werden, ausreichendes sauberes Trinkwasser zur Verfügung stehen und Hochwasser durch mehr Raum für die Gewässer verhindert werden.
Grundsätzlich haben die im Arbeitskreis Wasserrahmenrichtlinie zusammengeschlossenen Naturschutzorganisationen den bisherigen Weg der Umsetzung der europäischen Vorgaben, vor allem hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung begrüßt. In dem seit 2001 laufenden Umsetzungsprozess lässt das Land jedoch zunehmend in seinem Engagement nach und verabschiedet sich vor allem zugunsten der Landwirtschaft aus seiner Vorreiterrolle im Gewässerschutz.
Naturschutzfachliche Notwendigkeiten weichen zunehmend den Nutzerinteressen. Statt wie von der EG gefordert, flächendeckend die Gewässer zu verbessern, konzentriert sich das zuständige Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MLUR) auf die Renaturierung weniger ausgewählter Vorranggewässer mit möglichst öffentlichkeitswirksamem Vorzeige-Charakter. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie dagegen verfolgt einen flächendeckenden Ansatz, nämlich alle Gewässer in Angriff zu nehmen.
Vernachlässigt wird die Notwendigkeit zur Verbesserung der Wasserqualität. Die vom MLUR postulierte Aussage, dass die Gewässer „aufgrund der verbesserten Abwasserreinigung überwiegend eine Wasserqualität aufweisen, die das Vorkommen der relevanten Arten ohne weiteres zulässt“ stimmt nur zum Teil. So beweisen die Sperrungen etlicher Badestellen (z. B. am Lanker See, Brahmsee, Westensee oder Postsee) das Gegenteil.
Die Nährstoffbelastung in vielen Gewässern ist leider immer noch unbefriedigend hoch. Es sind Vor allem Nährstoffeinschwemmungen von landwirtschaftlichen Nutzflächen machen den Seen zu schaffen. Dringend notwendig ist hier eine verstärkte Einrichtung von Pufferstreifen entlang der Gewässer und eine Förderung naturschonender Wirtschaftsweisen.
Völlig unzureichend sind die vom Land vorgesehenen Maßnahmen, um die erheblichen Belastungen des Grundwassers, vor allem mit dem Grundwasserproblem Nr.1, Nitrat, aber auch mit Pestiziden zu reduzieren. Der Grundwasserschutz soll durch Beratung der Landwirte, durch „Blühstreifen“ und Winterbegrünung der Felder verbessert werden. Nach Ansicht von BUND, NABU, LNV und WWF sind diese Maßnahmen als Instrument für den Gewässerschutz nicht einmal ein tropfen auf den heißen Stein: Die Beratung soll nur auf freiwilliger Basis erfolgen und die angebotenen Agrarumweltprogramme sind für die Landwirte finanziell kaum attraktiv.
Demgegenüber stehen aktuelle Entwicklungen in der Landwirtschaft, die die Nähr- und Schadstoffbelastungen der Gewässer eher erhöhen: Der zunehmende Anbau von gülle-intensivem Mais für die Erzeugung von Biomasse, die zunehmende Nutzung von Stilllegungsflächen und eine höhere finanzielle Förderung von neuen, großen Tiermastanlagen, verschärfen diese Probleme eher, als dass hier Abhilfe geschaffen würde. Die Landesregierung bremst damit den Gewässerschutz aus.
Ein weiteres Defizit besteht in der vielfach unnötigen und überdimensionierten Gewässerunterhaltung vieler Fliessgewässer. Trotz regional guter Ansätze finden immer wieder erhebliche Unterhaltungsmaßnahmen mit Hilfe von Baggern an und in den Gewässern statt.
Nach dem Motto „haben wir immer schon so gemacht“ wird damit die gesetzlich vorgeschriebene Entwicklung einer gewässertypischer Tier- und Pflanzenwelt verhindert, sich entwickelnde gewässerbegleitende Erlengehölze oder Großmuschelbänke zerstört, die Gewässersohle beeinträchtigt und jegliche Eigenentwicklung der Gewässer unterbunden. Dabei zählt eine Extensivierung der Gewässerunterhaltung, wie einige Wasser- und Bodenverbände sie bereits praktizieren, zu den kostengünstigsten Maßnahmen zur Umsetzung der EG-WRRL.
Die Naturschutzorganisationen fordern zudem die Kürzung der finanziellen Mittel zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zurückzunehmen. Mit knapp 6 Millionen Euro pro Jahr sind die verbindlichen Vorgaben der EG nicht umzusetzen. Von Seiten der EG drohen dann nach Ablauf der Fristen empfindlichere Strafzahlungen.