„In den vergangenen Jahren ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen gestiegen. Allein 2015 blieben in Sachsen 1.700 Lehrstellen unbesetzt. Das können wir uns im Zuge der steigenden Fachkräftebedarfe nicht mehr leisten. Wir wissen: Ausbildung ist die Quelle für gute Fachkräfte“, sagte Dr. Regine Schmalhorst, Vizechefin der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit.
Bis September 2015 blieben 1.695 Lehrstellen unbesetzt, 154 mehr als im Jahr 2014 und 602 mehr als im Jahr 2011.
„Aktuell scheint der sächsische Ausbildungsmarkt ausgeglichen. Aktuell steht pro Lehrstelle nur noch ein Bewerber zur Verfügung. Deshalb sollten Betriebe in ihre Auswahlentscheidungen auch schulschwächere Schüler und Flüchtlinge einbeziehen. Viele der Menschen die zu uns gekommen sind und Schutz suchen wollen sich integrieren. Sie wollen sich hier eine Zukunft aufbauen und Teil der Gesellschaft werden. Sie sind Ehrgeizig und motiviert. Auf diese Motivation, auf diesen Ehrgeiz sollten wir aufbauen. Durch die häufig geringen Deutschsprachkenntnisse ist es sicher nicht leicht. Für den Einzelnen ist es ein langer Weg, aber er lohnt sich“ so Schmalhorst weiter.
Von Oktober 2015 bis April 2016 haben sich insgesamt 17.733 Mädchen und Jungen in den Agenturen für Arbeit gemeldet und bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz beraten lassen. Das sind 791 oder 4,7 Prozent mehr als im letzten Jahr. Im gleichen Zeitraum wurden den sächsischen Arbeitsagenturen 17.154 Ausbildungsstellen gemeldet. Das sind 408 oder 2,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Aktuell sind noch 10.576 Schüler auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Dem gegenüber stehen 10.835 freie Ausbildungsstellen. Damit gibt es rein rechnerisch für jeden Bewerber mindestens eine freie Ausbildungsstelle.
Kinder und Jugendliche, die ohne Angehörige in Deutschland Zuflucht suchen, gelten rechtlich als besonders schutzwürdig. Ihre Zahl hat stark zugenommen. Im Jahr 2015 sind nach vorläufigen Zahlen über 50.000 unbegleitete Minderjährige nach Deutschland gekommen. Seit dem Jahr 2008 öffnet Deutschland für viele dieser unbegleiteten Minderjährigen schrittweise den Ausbildungsmarkt. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften widmen ihnen hohe Aufmerksamkeit und treten für ihre Integration in Ausbildung ein. In einigen Bundesländern wie Hamburg und Bayern bauen Berufsschulen Angebote auf, die unbegleitete Minderjährige und andere Zugewanderte auf eine Ausbildung vorbereiten. Die Jugendhilfe unterstützt die jungen unbegleiteten Flüchtlinge bei ihrer Integration und Ausbildung. Mit der Volljährigkeit fällt diese Unterstützung aber häufig weg. „Diese Begrenzung kann Aufnahme und Verbleib in Ausbildung gefährden. Die interviewten Experten empfehlen eine Unterstützung über die Volljährigkeit hinaus“, schreiben die IAB-Forscherinnen in ihrer Studie.
Die von den IAB-Forscherinnen interviewten Experten beobachten bei vielen unbegleiteten Minderjährigen teils tiefe Verwundungen, aber auch große psychische und physische Stärke. Diese könne den Jugendlichen auch bei einer Ausbildung zugutekommen, so die Forscherinnen.
Je nach Aufenthaltsstatus – als Asylsuchende, Geduldete oder anerkannte Flüchtlinge – haben unbegleitete Minderjährige teils unterschiedlichen Zugang zu Ausbildung und Ausbildungsförderung. Die IAB-Forscherinnen argumentieren: „Würden die Zugänge weiter erleichtert, wären Betriebe und unbegleitete Minderjährige entlastet. Ausbildung eröffnet den jungen Menschen Perspektiven, selbst wenn sie später in ihre Herkunftsländer zurückkehren.“
Die IAB-Studie ist im Internet abrufbar unter http://doku.iab.de/kurzber/2016/kb1316.pdf. Sie beruht unter anderem auf Interviews mit 34 Fachleuten aus dem Bildungssystem, Beratern des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geförderten Bleiberechtsprogramms und Mitarbeitern von Ausländerbehörden auf der Sachbearbeitungs- und Leitungsebene.
Hintergrundinformationen zur Arbeitsmarktzulassung:
Hintergrundinformationen zur Ausbildung von Flüchtlingen:
- Schulische Berufsausbildungen sind für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete rechtlich immer möglich und müssen nicht durch die Ausländerbehörde genehmigt werden.
- Betriebliche Berufsausbildungen (duale Ausbildungen) können Asylbewerberinnen und Asylbewerber ab dem vierten Monat und Geduldete, sofern kein Arbeitsverbot vorliegt, ab der Erteilung der Duldung beginnen, sofern die Ausländerbehörde dies erlaubt.
- Für den konkreten Ausbildungsplatz muss bei der Ausländerbehörde individuell eine Beschäftigungserlaubnis beantragt werden.
- Bei staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberufen muss die BA nicht zustimmen.
- Die Ausländerbehörde kann nach den am 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen die Duldung für die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung zunächst für ein Jahr erteilen. Wenn die Berufsausbildung fortdauert und in einem angemessenen Zeitraum mit ihrem Abschluss zu rechnen ist, sollen die Ausländerbehörden die Duldung für jeweils ein Jahr verlängern.
- Nach erfolgreichem Abschluss einer Berufsausbildung können Geduldete eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, sofern sie eine ihrem Abschluss entsprechende und für ihren Lebensunterhalt ausreichend bezahlte Stelle finden.
Von den bisher gemeldeten Ausbildungsstellen sind noch etwa 10.800 zu besetzen. Damit stehen die Chancen für die 10.600 Jugendlichen, die noch keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche haben, recht gut.
In einigen Berufen stehen jedem Bewerber sogar mehr als fünf freie Lehrstellen gegenüber:
Fachverkäufer – Fleischerei 6 Jugendliche und 175 freie Ausbildungsstellen
Beton- und Stahlbetonbauer 4 Jugendliche und 59 freie Ausbildungsstellen
Fachmann – Systemgastronomie 6 Jugendliche und 72 freie Ausbildungsstellen
Oberflächenbeschichter 4 Jugendliche und 42 freie Ausbildungsstellen
Verfahrensmechaniker Kunststoff/Kautschuk 6 Jugendliche und 60 freie Ausbildungsstellen
Fachkraft – Lebensmitteltechnik 5 Jugendliche und 44 freie Ausbildungsstellen
Flachglasmechaniker 3 Jugendliche und 26 freie Ausbildungsstellen
Handelsfachwirt/in 19 Jugendliche und 150 freie Ausbildungsstellen
Kaufmann Versicherungen 16 Jugendliche und 120 freie Ausbildungsstellen
Technischer Konfektionär 3 Jugendliche und 22 freie Ausbildungsstellen
Verfahrensmechaniker - Beschichtungstechnik 4 Jugendliche und 26 freie Ausbildungsstellen
Packmitteltechnologe 4 Jugendliche und 24 freie Ausbildungsstellen
Werkzeugmechaniker 24 Jugendliche und 133 freie Ausbildungsstellen
Elektroniker- Automatisierungstechnik 8 Jugendliche und 44 freie Ausbildungsstellen
Die Berufsberater der Arbeitsagenturen helfen den Jugendlichen, die in diesem Jahr eine Berufsausbildung beginnen möchten. Sie kennen den regionalen Arbeitsmarkt, aktuelle Trends, Berufe und deren Zukunftschancen. Das, kombiniert mit den Talenten und Interessen der Jugendlichen, bildet eine gute Grundlage für die Berufswahl.
Über die Hotline der Bundesagentur für Arbeit können die Jugendlichen einen Termin mit ihrem Berufsberater vereinbaren – auch in Begleitung ihrer Eltern.
Für Unternehmer stehen die Mitarbeiter des gemeinsamen Arbeitgeberservices der Bundesagentur für Arbeit für Fragen rund um das Thema Ausbildungsstellen und Fördermöglichkeiten sehr gerne zur Verfügung.
Weitere Informationen finden Sie unter www.dasbringtmichweiter.de oder unter der gebührenfreien Hotline 0800 4 5555 00 für Jugendliche und 0800 4 5555 20 für Arbeitgeber.