Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen, hat mit dieser Entwicklung nicht gerechnet:
"Dass die sonst übliche Herbstbelebung den hessischen Arbeitsmarkt in diesem Jahr nicht erreicht hat, war nicht zu erwarten. Entgegen dem Trend der letzten Jahre ist die Arbeitslosigkeit im Oktober angestiegen. Besonders die Neckermanninsolvenz und die weitere konjunkturelle Abschwächung sind in diesem Monat maßgeblich für dieses Ergebnis verantwortlich".
Insgesamt waren im Oktober 172.783 Männer und Frauen in Hessen arbeitslos gemeldet, das sind 103 Personen oder 0,1 Prozent mehr als im Vormonat und 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 5,5 Prozent und liegt damit um 0,1 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Saisonbereinigt steigt die Zahl um 2.000. Wie in den Vormonaten spielt sich der Anstieg allein im Rechtskreis SGB III ab. Hier stieg die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr um rund 15,0 Prozent an.
Sonderfall Neckermann
Insgesamt gingen im Oktober deutschlandweit etwa 1.700 Meldungen ehemaliger Beschäftigter ein, darunter rund 1.400 in Hessen. Mit etwa 58,0 Prozent ist der größte Teil in Hessen zwischen 25 und 49 Jahren alt, etwa 40 Prozent sind älter als 50 Jahre. Rund 58,0 Prozent verfügen über eine abgeschlossene Ausbildung, 14,0 Prozent über ein abgeschlossenes Studium. Etwa 29 Prozent können keinen Schul- oder Ausbildungsabschluss vorweisen.
Eine Einschätzung Dr. Frank Martins: "Ein großer Teil der ehemaligen Beschäftigten hat aufgrund beruflicher Qualifikationen gute Chancen, eine neue Anstellung zu finden. Gibt es Defizite wie fehlende Abschlüsse, sprachliche oder gesundheitliche Probleme, werden wir die Menschen mit gezielten Fort- und Weiterbildungsangeboten unterstützen, um ihre Chancen zu verbessern."
Schnelle Hilfe leistete bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Sonderteam der Arbeitsagenturen. Um eine möglichst schnelle Abwicklung zu gewährleisten, wurden benötigte Unterlagen bereits vor Ort an die Belegschaft weitergegeben und die Anträge auf Arbeitslosengeld anschließend gesammelt bearbeitet.
Jugendarbeitslosigkeit sinkt saisonbedingt, Zahl der Älteren steigt
Wie erwartet ist die Jugendarbeitslosigkeit im Oktober weiter zurückgegangen. Grund dafür sind der Beginn von Berufsausbildungen, weiterführenden Schulausbildungen und Studium. Insgesamt waren noch 15.970 junge Männer und Frauen in Hessen arbeitslos gemeldet, 9,8 Prozent weniger als im Vormonat, aber 6,4 Prozent mehr als vor einem Jahr. Der Anteil junger Menschen unter 25 Jahren an der Gesamtzahl der Arbeitslosen liegt bei 9,2 Prozent.
Einen deutlichen Anstieg seit dem Vormonat gibt es bei den Über-50-Jährigen. Insgesamt waren 53.130 Menschen arbeitslos gemeldet, das sind 2,3 Prozent mehr als im September und 3,0 Prozent mehr als vor einem Jahr
Stellenmarkt deutlich schwächer als im Vorjahr
Auch im Oktober liegen Bestand und Zugang offener Stellen unter dem Niveau des Vorjahres. Seit Jahresbeginn sank die Zahl der gemeldeten Stellen im Vergleich zum Vorjahr um 13,6 Prozent. Der Bestand offener Stellen liegt jetzt bei rund 35.200; gegenüber dem Vorjahresmonat ist dies ein Minus von 14,4 Prozent.
Zunahme der Sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
Mit einem Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung um 1,4 Prozent im August 2012 im Vergleich zum Vorjahr bleibt Hessen hinter dem Bund (1,6 Prozent) und Westdeutschland (1,8 Prozent) zurück. Der hochgerechnete, vorläufige Wert beläuft sich auf 2.299.300. Den höchsten prozentualen Beschäftigungsanstieg gab es in der Informations- und Kommunikationsbranche, dem Logistikbereich, dem Gastgewerbe und dem Verarbeitenden Gewerbe. Einen Rückgang gab es im Bereich der Arbeitsnehmerüberlassung, der sich mit einem Minus von 9,7 Prozent besonders bemerkbar machte. Hier ging die Zahl der Beschäftigten um fast 5.600 auf insgesamt 52.000 zurück.
"Da die Zahl der Beschäftigten um etwa 31.000 gestiegen ist, obwohl es keine merklichen Veränderungen der Arbeitslosenzahl gibt, ist davon auszugehen, dass durch die konjunkturell guten letzten Jahre neben zugewanderten Arbeitskräften vor allem auch Menschen aus der sogenannten stillen Reserve gelockt werden konnten. Diese Entwicklung ist erfreulich und dringend erforderlich, um dem drohenden Fachkräftedefizit entgegenzuwirken", erläutert Martin.
Fulda hält niedrigste Arbeitslosequote
Im Ranking der 26 hessischen Kreise und kreisfreien Städten behält Fulda im Oktober mit Abstand die niedrigste Quote mit 3,3 Prozent gefolgt vom Hochtaunuskreis und dem Rheingau-Taunus-Kreis mit jeweils 3,9 Prozent. Die höchste Arbeitslosenquote weist mit 10,5 Prozent weiterhin die Stadt Offenbach auf.
Der Regierungsbezirk Kassel behält die niedrigste Arbeitslosenquote mit 5,2 Prozent, gefolgt von Gießen 5,4 Prozent und Darmstadt mit 5,6 Prozent.
Gegenüber dem Vorjahr stieg die Arbeitslosigkeit in 15 hessischen Regionen an. Am deutlichsten fiel der Anstieg im Kreis Groß-Gerau aus (+ 15.3 Prozent), gefolgt von Hersfeld-Rotenburg (+9,6 Prozent) und Lahn-Dill (+7,6 Prozent).
Ausbildungsjahr 2011/2012
Die Zahlen zum aktuellen Ausbildungsjahr werden wie in den Jahren zuvor Ende September erhoben und in diesem Jahr am 5. November 2012 bundesweit bekanntgegeben.
Neue Zuschnitte der Agenturen für Arbeit in Hessen seit dem 1.Oktober 2012
Die Neuordnung der Agenturen für Arbeit hat ebenfalls Auswirkungen auf Arbeitslosenzahlen und -quoten der neuen Agenturbezirke. Ab dem 1.Oktober gehören zur Agentur für Arbeit Bad Hersfeld/Fulda der Landkreis Fulda und der Kreis Hersfeld-Rotenburg, zur Agentur Kassel die Stadt Kassel, der Landkreis Kassel und der Kreis Werra-Meißner, zur Agentur Korbach die Landkreise Waldeck-Frankenberg und Schwalm-Eder, zur Agentur Marburg der Landkreis Marburg-Biedenkopf, zur Agentur Limburg/Wetzlar der Lahn-Dill-Kreis sowie der Kreis Limburg-Weilburg.