Die Integration von Asylberechtigten und Asylbewerbern mit einer hohen Bleiberechtswahrscheinlichkeit stellt alle Arbeitsmarktpartner aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und öffentlichen Einrichtungen vor neue und in diesem Umfang noch nie dagewesene Herausforderungen.
„Die Aufnahme Schutzsuchender ist eine Verpflichtung und eine Chance für Sachsen zugleich. Die Potenziale, die diese Menschen mitbringen, können und müssen wir nutzen. Wir wollen das aus Fremden Kolleginnen und Kollegen werden, weil es egal ist woher jemand kommt, sondern nur das zählen darf, was einer kann und bereit ist zu leisten“, sagte Stefan Brangs, Staatssekretär des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
Damit sich die Menschen integrieren können, ist eine neue und ausgeprägte Willkommensund Anerkennungskultur nötig. Nur wenn ausländische Menschen ein Teil der Gesellschaft werden, erhöht man den kulturellen und sozialen Zusammenhalt, bewältigt die Folgen des demografischen Wandels, schafft eine wirkliche Chancengleichheit und kann damit die Wirtschaftskraft der sächsischen Unternehmen ausbauen. Voraussetzung ist, dass ausländische Frauen und Männer zu Kollegen, Nachbaren und letztendlich auch zu Freunden werden.
„Angesichts des Bevölkerungsrückgangs setzen wir bei der Fachkräftesicherung auf inländische Fachkräftepotenziale und auf Zuwanderung. Damit lassen sich die Folgen des Bevölkerungsrückgangs abmildern. Zuwanderung ist deshalb ein wichtiger Teil der Lösung“, sagte Dr. Klaus Schuberth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit.
Dafür stehen die Rahmenbedingungen sehr gut. Die Arbeitsmarktsituation ist gut wie nie zuvor. Die Arbeitslosenquote erreicht ihren geringsten Stand, die Beschäftigung erreicht ihren Höchststand seit 15 Jahren und es sind so viele freie Stellen gemeldet – wie nie zuvor.
„Fachkräfte von morgen müssen jetzt ausgebildet werden. Dafür müssen in den Betrieben von der Geschäftsleitung über den Betriebsrat bis hin zu Ausbildern und den einzelnen Kollegen alle zusammenwirken. Nur mit dieser gemeinsamen Anstrengung kann Integration in Arbeit gelingen“, sagte Markus Schlimbach, Stellvertretender Vorsitzender des DGB Sachsen.
Damit die Integration gelingt, ausländische Menschen ein fester Bestandteil der Gesellschaft werden und alle Menschen von der kulturellen Vielfallt profitieren können, arbeiten Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und öffentliche Einrichtungen besonders intensiv zusammen.
Hierbei sollen vor allem in sechs Bereichen die vorhandenen Unterstützungsmöglichkeiten genutzt und weiterentwickelt werden:
1. Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Deshalb wollen die Partner die vorhandene Sprachförderung ausbauen.
2. Neben der Sprache entscheidet auch die Qualifikation über die künftigen Chancen auf Ausbildung oder Arbeit. Daher setzen sich die Partner für eine frühzeitige Kompetenzfeststellung ein.
3. In diesem Zusammenhang sollen auch die Maßnahmen zur Nachqualifizierung gestärkt und erweitert werden. Viele Flüchtlinge sind jünger als 30 Jahre und haben häufig keinen Berufsabschluss. Um diese Menschen für eine Ausbildung vorzubereiten, werden die Partner die Berufsorientierung und -vorbereitung unterstützen, indem sie zum Beispiel Praktika, Unternehmensbesuche und Praxistage anbieten. 4. Um die Integration in Ausbildung zu verbessern und den Unternehmen mehr Planungssicherheit zu geben, setzen sich die Partner der Erklärung für die „3 plus 2
Regelung“ ein.
5. Aber auch die Integration in den Arbeitsmarkt wollen alle Partner gezielt unterstützen. So erhalten alle Menschen den Zugang zu den Angeboten der Arbeitsagenturen und Jobcenter. Sie sollen auch unter gleichen Bedingungen wie inländische Menschen einer Arbeit nachgehen oder eine Selbständigkeit aufnehmen können. 6. Die Zusammenarbeit aller arbeitsmarktrelevanten Partner soll vor Ort – flächendeckend in ganz Sachsen – durch eine enge Abstimmung, das organisatorische verknüpfen und bündeln von Aktivitäten erreicht werden.
Wenn das gelingt, sich die Menschen in Sachsen aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit in allen Lebensbereichen einsetzen und sächsische Unternehmen ausländische Mitbürger zu Kollegen machen und Chancen geben, dann gelingt es auch den Wohlstand, den sozialen Frieden und die soziale Sicherheit im Freistaat Sachsen dauerhaft zu sichern. Eine Chance für Sachsen, die angepackt und gestaltet wird.
„Bislang konnten erst wenige Flüchtlinge mit einer Lehre starten. Wenn die Sprachausbildung erfolgt und die Kompetenzen jedes einzelnen bekannt sind, werden wir in Kombination mit berufsvorbereitenden Maßnahmen im Herbst 2016 sicher Zuwächse verzeichnen“, ist sich Dr. Günter Bruntsch, Präsident der IHK Dresden, sicher.
Dr. Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden, ergänzt: „Wir stehen momentan noch am Anfang – sowohl bei der Sprachausbildung als auch bei der Kompetenzfeststellung. Es gibt eine Reihe von Handwerksbetrieben, die Interesse haben, Flüchtlinge zu beschäftigen oder auszubilden. Wir stehen als Kammer mit verschiedenen Beratungsangeboten bereit. Realistisch gesehen werden die Flüchtlinge aber wohl eher die Arbeits- und Fachkräfte von morgen oder übermorgen sein.“
„Die Handwerkskammer Chemnitz hat bereits im Frühjahr einen Ausländerbeauftragten benannt, der einerseits erster Ansprechpartner für Flüchtlinge in der Kammer ist, andererseits aber auch darum wirbt, dass Flüchtlinge ins Handwerk finden. Daneben leisten wir als Kammer schon länger die Qualifikationsfeststellung, wir vermitteln zwischen ausländischen Fachkräften und Betrieben, und wir stehen bereit, Flüchtlingen eine Berufsorientierung zu bieten“, sagte Dietmar Mothes, Präsident der Handwerkskammer Chemnitz.
„Die Unternehmen sind bereit, ihren Beitrag zur Integration zu leisten und Asylberechtigte und Asylbewerber mit guter individueller Bleibeperspektive zu ordentlichen Konditionen in den Betrieben zu beschäftigen. Zunächst muss aber die Politik ihre Hausaufgaben machen und unter Beweis stellen, dass sie die Organisation und Steuerung des Flüchtlingsstroms unter Kontrolle hat. Aktuell ist noch gar nicht vollumfänglich klar, wer mit welchen Qualifikationen in unserem Land ist. Erst wenn wir das wissen und auch das Bleiberecht geklärt ist, kann die Integration in den Arbeitsmarkt erfolgen“, sagte Joachim Otto, Vizepräsident der VSW.
Hintergrundinformation:
„3 plus 2 Regelung“: Die geforderte Regelung 3 plus 2 zielt auf Geduldete Menschen ab. Sie sollen während einer dreijährigen Ausbildung und den sich anschließenden ersten beiden Beschäftigungsjahren nicht abgeschoben werden.