Weiterbildungsaktivitäten nehmen trotz Krise zu
Im ersten Halbjahr 2009 förderte fast jeder zweite hessische Betrieb die Weiterbildung von Beschäftigten indem er Teilnehmer/innen an Maßnahmen freistellte bzw. Weiterbildungen finanzierte. Das entspricht hochgerechnet knapp 71.000 Betrieben in Hessen. Legt man die Entwicklung seit 2000 zugrunde, nimmt die Bedeutung der Weiterbildung für die hessischen Betriebe kontinuierlich und konjunkturunabhängig zu. Eine nachlassende Weiterbildungsaktivität unter dem Vorzeichen der Wirtschaftskrise ist nicht zu beobachten.
Der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch sagte dazu:
"Weiterbildung und Qualifizierung dürfen angesichts der demografischen Entwicklung im Auf und Ab der Konjunkturen nicht unter die Räder geraten. Gut qualifiziertes Personal ist für Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit von größter Bedeutung".
Überdurchschnittlich ist die Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe im Bereich der öffentlichen Verwaltung, bei Organisationen ohne Erwerbscharakter sowie im Dienstleistungsbereich. Mit Abstand die wenigsten weiterbildenden Betriebe finden sich dagegen im Baugewerbe. Hier unterstützte nur rund jeder vierte hessische Betrieb Weiterbildungsaktivitäten. Mit steigender Betriebsgröße nimmt der Anteil der weiterbildenden Betriebe zu.
Die Weiterbildungsintensität (Anzahl der geförderten Beschäftigten) erwies sich in Hessen ebenfalls als stabil. Im ersten Halbjahr 2009 wurde knapp jeder vierte Beschäftigte durch betriebliche Weiterbildung gefördert. Dies entspricht hochgerechnet etwa 665.000 Personen. Im Bereich der wirtschaftsnahen und wissenschaftlichen Dienstleistungen lag der Anteil der geförderten Beschäftigten bei über 30 Prozent. Ein krisenbedingter Rückgang geförderter Beschäftigter ist demnach ebenfalls nicht zu verzeichnen.
Seminare am Arbeitsplatz gewinnen an Bedeutung
Externe Kurse, Lehrgänge und Seminare sind die häufigste Art der betrieblichen Weiterbildung. 79 Prozent der weiterbildenden Betriebe stellten ihr Personal hierfür frei bzw. finanzierten sie. An zweiter Stelle folgt mit 54 Prozent bereits die Weiterbildung am Arbeitsplatz (Anstieg um zwölf Prozentpunkte in den letzten sechs Jahren).
Feststellbar ist, dass für Betriebe flexiblere und kostengünstigere Weiterbildungsarten an Relevanz gewinnen. Inwieweit dies eine Reaktion auf die Wirtschaftskrise oder Ausdruck eines generellen Trends ist, kann nicht gesagt werden.
Qualifizierung meist während der Arbeitszeit
Etwa 62 Prozent aller weiterbildenden Betriebe in Hessen legen die Weiterbildung, komplett in die Arbeitszeit. Fünf Prozent der Betriebe lassen Weiterbildungsaktivitäten in der Freizeit stattfinden. Bei weiteren 24 Prozent trifft dies zumindest teilweise zu. In Großbetrieben ist Weiterbildung während der Arbeitszeit die Regel. Es ist anzunehmen, dass dort Qualifizierungen leichter in Arbeitsprozesse integriert werden können, während in kleinen Betrieben die Kompensation schwerer fällt.
Zwei Drittel der hessischen Betriebe, geben an, ihre Beschäftigten nicht an den entstehenden Aufwendungen zu beteiligen. Acht Prozent der Betriebe beteiligen ihre Beschäftigten teilweise an den Kosten der Weiterbildung, weitere 23 Prozent geben die Kosten der Maßnahmen komplett an die Beschäftigten weiter. Somit sind die hessischen Betriebe derzeit deutlich seltener an der Finanzierung der Weiterbildungsaktivitäten ihrer Beschäftigten beteiligt als in der Vergangenheit. Dies kann als Indikator für eine größere Kostensensibilität gesehen werden. Ob hier ein unmittelbarer Zusammenhang zur Wirtschaftskrise besteht, bleibt offen.
Eine Betrachtung der geförderten Beschäftigten nach ihrem Qualifikationsniveau ergab zudem, dass Geringqualifizierte deutlich seltener an Weiterbildungsmaßnahmen beteiligt werden als qualifizierte Beschäftigte.
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Qualifizierung während Kurzarbeit
Rund 70.000 Menschen waren 2009 in Hessen von konjunktureller Kurzarbeit betroffen. Dennoch haben nur wenige Betriebe die Kurzarbeit für die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter genutzt. Im letzten Jahr wurden somit rund 7.000 Menschen aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit und des Europäischen Sozialfonds gefördert.
"Die Bundesagentur hat im letzten Jahr viel Energie und Zeit in das Thema Kurzarbeit und Qualifizierungsmaßnahmen gesteckt. Unsere Mitarbeiter haben nicht nur dafür gesorgt, dass das Kurzarbeitergeld schnell gezahlt werden konnte, sondern auch schnell und unkompliziert Betriebe beraten und unterstützt. Die Qualifizierung von Mitarbeitern war bei Beratungen ein wichtiger Aspekt, besonders im Hinblick auf den zukünftigen Fachkräftebedarf", so Dr. Frank Martin, Leiter der Regionaldirektion Hessen.
Ein weiteres Programm der Bundesagentur für Arbeit ist seit 2007 die Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen kurz WeGebAU. Im Rahmen des Konjunkturpaketes II erfolgte, befristet bis Ende 2010 eine Erweiterung des förderbaren Personenkreises auf Arbeitnehmer mit Berufsabschluss und wieder eingestellte Leiharbeitnehmer. 2009 gab es 6.900 Maßnahmeeintritte (2008: 3.900; 2007: 1.050).
Qualifizierungschecks: Programm der hessischen Regierung
"Weiterbildung und Qualifizierung sind die besten Mittel gegen den wachsenden Fachkräftemangel", sagte Posch. Die Beteiligung an solchen Maßnahmen hänge auch davon ab, dass es zielgruppengerechte Angebote gebe. Da bisher Ältere und gering Qualifizierte kaum von den positiven Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt profitierten, habe das Hessische Wirtschaftsministerium das Programm "Qualifizierungsschecks" aufgelegt, das sich an Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen ab 45 Jahren oder ohne Berufsausbildung in der ausgeübten Tätigkeit wende. Die Schecks fördern die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit bis zu maximal 500,- Euro. Zudem zahlt das Wirtschaftsministerium Zuschüsse für Beratungsstellen und Qualifizierungsbeauftragte.