"Der Fachkräftemangel und die demografische Verschiebung wird die Gesellschaft auch in den kommenden Jahren prägen. Umso wichtiger ist es da, dass wir alle diejenigen fördern und mitnehmen, die bereit sind, sich tatkräftig einzubringen und ihren Beitrag für diese Gesellschaft zu leisten", sagte Kammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Christof Riess. Dies gelte nicht nur für die jungen Nachwuchskräfte, sondern gerade auch für die Menschen, die trotz ihrer ganz besonderen Fähigkeiten Fachwissen und Begeisterungsfähigkeit mitbringen. Insbesondere im handwerklichen Mittelstand sei die Bereitschaft hoch, unbürokratische Lösungen für die betroffenen Beschäftigten zu schaffen und ihnen eine berufliche Perspektive zu geben. "Viele Betriebe sprechen nicht darüber - sie machen es einfach möglich."
Gemeinsam mit Dr. Frank Martin, Geschäftsführer der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, besuchte Dr. Riess am Freitag zwei Handwerksbetriebe, um sich über die aktuelle Situation zu informieren. "Menschen mit Behinderungen sind häufig hoch qualifizierte, überdurchschnittlich zuverlässige Fachkräfte. Gerade im Handwerk sehen wir daher gute Möglichkeiten, die individuellen Fähigkeiten und das Wissen einzubringen. In Zeiten von Fachkräftemangel kann auf keine Personengruppe verzichtet werden, im Gegenteil: Es ist für Unternehmen auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsalltag einzubeziehen", so Dr. Frank Martin. Hessenweit waren im November zuletzt 12.994 schwerbehinderte Menschen arbeitslos gemeldet, im Regierungsbezirk Darmstadt 7.158, in der Stadt Frankfurt 1.620.
Felix Diemerling, Geschäftsführer der Baudekoration Diemerling in Frankfurt lobte vor allem die Kompetenz seines Mitarbeiters: "Die kleinen und großen Einschränkungen im Arbeitsalltag werden von schwerbehinderten Mitarbeitern mit Kreativität und vorausdenkender Arbeitsplanung kompensiert. Sie sind ein Teil des Teams." Michael Weinbrenner, Geschäftsführer der Autosattlerei Weinbrenner, sagte: "Das ,Anderssein' anderer Menschen als eine eigene Bereicherung zu sehen, und zu sehen, wie Menschen mit Freude am Leben teilnehmen, wie erfindungsreich sie sind, trotz Ihrer Behinderungen, das hat für mich als Unternehmer eine besondere Bedeutung. Die Freude über zurück gewonnene Mobilität, über kleine Fortschritte, über Anerkennung, übertrifft das Maß, was wir im ,normalen' Leben erfahren oder uns vorstellen können."
Derzeit sind bei der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main 75 Berufsausbildungsverträge für behinderte Menschen eingetragen. 14 Holzbearbeiter/innen, 37 Metallbearbeiter/innen und 24 Bau- und Metallmaler/innen lernen derzeit ihren künftigen Beruf. Im Berufsbildungsausschuss und der Vollversammlung wurden darüber hinaus kürzlich drei neue Regelungen über die Berufsausbildung behinderter Menschen beschlossen, dazu gehören der/die Fachpraktiker/in für Bürokommunikation, für Holzbearbeitung und für Metallbau.
Die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main vertritt die Interessen von mehr als 31.000 Betrieben und rund 134.000 Beschäftigten in 120 Gewerken. 2011 absolvierten wieder rund 11.000 junge Leute eine Ausbildung im Handwerk in der Metropolregion. Die Betriebe in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main erwirtschaften einen Jahresumsatz von rund 13 Milliarden Euro.