Selbst bei moderater Klimaänderung (ca. +2,2 °C bis 2080) werden sich für sehr viele Tier- und Pflanzenarten die Gebiete mit klimatisch geeigneten Bedingungen erheblich verschieben. Der Rückgang eines Teils der aktuell in Deutschland vorkommenden Arten und die Verbesserung der Bedingungen für andere Arten werden lokal zu deutlichen Veränderungen der Artenzusammen-setzung führen. "Ein Management dieser Prozesse ist dringend erforderlich", sagte die BfN-Präsidentin. Notwendig sei neben der Erhaltung hinreichend großer Schutzgebiete als Rückzugs-räume eine nachhaltige und naturschutzgerechte Landnutzung in der Fläche, um Tier- und Pflanzenarten die Anpassung oder ein Ausweichen vor den Folgen des Klimawandels zu ermöglichen. Große, intakte Populationen haben die besten Aussichten, sich anzupassen und zu überleben. "Die Folgen des Klimawandels machen nicht an Landes- oder Verwaltungsgrenzen halt. Für eine erfolgreiche Anpassung unserer Pflanzen und Tiere sind die bestehenden Schutz-gebiete wie unsere Großschutzgebiete oder das Netz Natura 2000, ein grenzüberschreitender Biotopverbund sowie eine generelle Durchlässigkeit der Landschaft für Ausbreitungsbewegungen der Arten unabdingbare Voraussetzungen. Zu nennen ist weiterhin ein optimiertes Fließgewäs-sermanagement, das die Auen als Verbundkorridore mit einschließt.", so die BfN-Präsidentin.
Zur Finanzierung der klimarelevanten Naturschutzmaßnahmen müssen nach Ansicht des BfN verschiedene nationale wie internationale Instrumente und Finanztöpfe herangezogen werden: Notwendig sei eine deutliche weitere Aufstockung der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik, aus der gezielt Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen gerade auch mit Blick auf den Klimaschutz gefördert werden können. "In dieser Hinsicht bleiben aber leider die kürzlich auf EU-Ebene im Rahmen des sog. Health Check in der Agrarpolitik erzielten Ergebnisse hinter den Erfordernissen zurück", so die BfN-Präsidentin. Zu fordern sei weiterhin die Verwendung von Geldern aus dem Emissions-handel für zielgerichtete Naturschutzmaßnahmen zur Erhaltung von natürlichen CO2-Speichern.
"Gewaltige Mengen Kohlenstoff sind in natürlichen Ökosystemen (z.B. Wälder und Moore) gespeichert. Jährlich werden global davon durch Nutzung und Umwandlung soviel freigesetzt, dass sie 20% der durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entsprechen. Ein effizienter Klimaschutz erfordert zwingend, den Schutz und die Entwicklung dieser so klimarele-vanten Naturbestandteile durch einen gezielten Einsatz von Mitteln aus dem Emissionshandel zu gewährleisten", sagte Beate Jessel.
Die Dringlichkeit des Handelns zeige sich bereits in den dokumentierten Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt in Deutschland: In der Länge der Vegetationsperiode, der Verbreitung und Vermehrung bestimmter Arten sowie in der Struktur von Lebensgemeinschaf-ten, so Jessel. Neben Veränderungen der Durchschnittswerte und des Jahresgangs von Temperatur und Niederschlag sei auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen ein wichtiger Einflussfaktor in natürlichen Systemen, sagte Jessel.
Neben Lebensräumen auf den Landflächen spielen auch die Küsten und Meere eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffhaushalt. Sie können aber auch besonders empfindlich auf die zu erwartenden Veränderungen reagieren. Dazu gehören der Temperaturanstieg des Oberflächen-wassers, die Versauerung, die Erhöhung des Meeresspiegels sowie die erhöhte Sturmhäufigkeit und -stärke. Tendenzen zu einer Änderung der Artenvielfalt, insbesondere aufgrund der Erwärmung von Nord- und Ostsee lassen sich bereits erkennen. Insgesamt sind gravierende Veränderungen der Ökosysteme durch Erwärmung und Übersauerung zu erwarten. "Wir brauchen dringend ein globales Netzwerk von Meeresschutzgebieten, die als Schutzraum für gefährdete marine Arten und Lebensräume dienen", forderte Jessel. Meeresschutzgebiete, in denen menschliche Eingriffe ökosystemverträglich reguliert werden und die nutzungsfreie Zonen einschließen, tragen zu einer erhöhten Pufferkapazität und damit Widerstandsfähigkeit der marinen Ökosysteme gegenüber dem Klimawandel bei. Doch bis zum Erreichen des "Guten Zustands der Meere", wie ihn die europäische Meeresstrategierahmenrichtlinie bis 2020 vorschreibt, sind vor allem im Bereich des Schutzes der küstenfernen Meeresbiotope angesichts der zahlreichen bestehenden und geplanten menschlichen Nutzungen, wie beispielsweise der Fischerei, der Schifffahrt und der Rohstoffförderung noch sehr viele Herausforderungen zu lösen und Nutzungsansprüche auf ein ökosystemverträgliches Maß zurückzuführen. Insbesondere muss eine nachhaltige Fischerei entwickelt werden, die eine Überfischung der Meere verhindert und die nicht befischten Arten sowie den Meeresboden schont.
"Zur Lösung vieler der angesprochenen Probleme sind wir in Deutschland mit der ehrgeizigen nationalen Strategie der Bundesregierung zur biologischen Vielfalt sehr gut aufgestellt. Jetzt ist eine konsequente Umsetzung erforderlich, um auch dem Klimawandel erfolgreich begegnen zu können", sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel.
Hinweis:Weitergehende Informationen zu den angesprochenen Inhalten können Sie den Hintergrundinformationen entnehmen: www.bfn.de/...