- Projekt "Lückenschluss Grünes Band" zieht nach acht Jahren Bilanz
- Viele gefährdete Arten profitierten von erfolgreicher Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft
Als Grundlage für den Lückenschluss erwarb der BUND, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums, 310 Hektar Flächen im und am Grünen Band. Das entspricht der Fläche von 430 Fußballfeldern. Nach dem Erwerb der Lückenflächen wurden die Lebensräume systematisch aufgewertet, sodass sich die Bestände seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten entlang des Grünen Bandes stabilisieren und vergrößern konnten. Die Aktivitäten des BUND zum Lückenschluss konzentrierten sich auf drei Modellregionen in Sachsen-Anhalt und Thüringen, in denen streckenweise lückenlose Wanderkorridore für Tiere und Pflanzen entstanden sind. Im Altmarkkreis Salzwedel gelang es gar, alle Lücken in einem Korridor von 17 Kilometern Länge zu schließen.
Prof. Dr. Beate Jessel, Präsidentin des BfN: „Das Projekt hat nicht nur das Grüne Band als zentrale Achse des bundesweiten Biotopverbundes gestärkt. Es konnten auch viele Kooperationspartnerinnen und -partner sowie Unterstützende unter den Flächennutzenden gewonnen werden. So hat der BUND gemeinsam mit seinen Partnern eine wertvolle Blaupause geschaffen, die für den Lückenschluss in anderen Abschnitten des Grünen Bandes sowie für die Entwicklung anderer Biotopverbundsysteme genutzt werden kann.“
Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND, erklärt, dass sich die erfolgreichen Ansätze des Projektes auf viele andere landwirtschaftlich genutzte Regionen Deutschlands übertragen ließen: „Dazu bräuchte es vor allem attraktive Agrarumweltprogramme. Wenn die Leistungen der Landwirte zum Schutz von Biodiversität, Wasser und Klima besser honoriert werden, können wir erfolgreich ein bundesweites Biotopverbundnetz nach Vorbild des Grünen Bandes aufbauen.“
Dr. Liana Geidezis, Leiterin BUND Fachbereich Grünes Band, betonte: „Der Erfolg des Projektes beruht auch darauf, dass wir mehr und mehr Akteure begeistern und an Bord holen konnten. So ist auch der gewünschte Vorbildcharakter des Projektes bereits eingetreten: Entsprechende Maßnahmen für Braunkehlchen und Azurjungfern werden nun auch im angrenzenden Niedersachsen umgesetzt. Und die Stiftung Umwelt Natur- und Klimaschutz (SUNK) des Landes Sachsen-Anhalt stellt ihre Flächen im Kiefernforst nach dem Vorbild des BUND frei.“
Das Erfolgsrezept des Projektes ist die gute Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft, die sich im gegenseitigen Vertrauen über die Jahre entwickelt hat. Zu Gute kommt das z.B. dem bundesweit stark im Rückgang begriffenen Braunkehlchen: Durch freiwillige Mitarbeit von Landwirtinnen und Landwirten konnten viele Nester und Bruten vor der Zerstörung durch die Mahd geschützt werden. So hat im Untersuchungsgebiet in der nördlichen Altmark die Zahl der erfolgreich brütenden Paare von 21 im Jahr 2016 auf 65 Paare (2019) zugenommen. Auch die streng geschützte Vogel-Azurjungfer, eine Libellenart mit sehr speziellen Lebensraumansprüchen, hat profitiert: Gemeinsam mit dem Unterhaltungsverband vor Ort konnte die Mahd so angepasst werden, dass die Länge der von der Libelle besiedelten Gräben von 2014 bis 2017 von fünf auf 14 Kilometer angestiegen ist.
Die Aktivitäten des Projektes beschränkten sich aber nicht auf den Naturschutz, denn das Grüne Band ist auch ein einzigartiger Erinnerungsort, an dem die deutsche Geschichte für nachfolgende Generationen erlebbar bleibt. Zahlreiche Ausstellungen und Hunderte von Führungen sowie die in Kooperation mit den Grenzlandmuseen erstellte und verteilte Broschüre „Spurensuche Grünes Band“ brachten und bringen den Bürgerinnen und Bürgern den einzigartigen Dreiklang aus Natur, Kultur und Geschichte näher.
Maßnahmen im Projekt „Lückenschlus Grünes Band“
Die Modellregionen lagen im Altmarkkreis Salzwedel, in der Allerniederung im Landkreis Börde und im Tettautal im Landkreis Sonneberg. Kerngebiet der Flächenkäufe war die „Salzflora Hoyersburg“ am Grünen Band im Norden Sachsen-Anhalts mit dem europaweit sehr seltenen Lebensraum Salzwiesen im Binnenland. Zusammen mit zwei Landwirtschaftsbetrieben wurde hier auf 100 Hektar Fläche von Ackerbau auf Grünlandnutzung umgestellt, wobei die Weideeinrichtung mit einer Festzaunanlage aus Projektgeldern finanziert werden konnte. Im Laufe der kommenden Jahre soll eine großflächige, halboffene Weidelandschaft entstehen, in der seltene salztolerante Pflanzen wie Strand-Milchkraut, Strand-Dreizack, Erdbeerklee oder Salzbunge sich wieder ausbreiten können. Auch Bodenbrüter wie der Kiebitz werden davon profitieren.
Im Kiefernforst nördlich von Arendsee wurden durch Auflichtungsmaßnahmen auf 2,9 Kilometer Länge die wertvollen Offenlandbiotope wie Binnendünen, Sandmagerrasen und Zwergstrauchheiden freigestellt, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zugewachsen waren. Unterschiedlichste Arten, vom Silbergras über den Ziegenmelker bis zur Kreuzotter und Schlingnatter, profitieren davon.
Weitere gefährdete Arten, die von den vielfältigen Maßnahmen des Projektes profitieren, sind u.a. unter den Pflanzen Sumpfporst, Rauschbeere, kriechender Sellerie, Königsfarn, Heidekraut, Sand-Strohblume, Echter Eibisch, Heide-Nelke und Sumpf-Scharfgarbe, unter den Amphibien Moor- und Laubfrosch und Kreuzkröte, unter den Vögeln Heidelerche, Neuntöter, Grauammer, Ortolan und Sperbergrasmücke sowie unter den Insekten und Spinnen Blauflügelige Ödlandschrecke, Rote Röhrenspinne, Sumpfschrecke, Kurzflügelige Schwertschrecke, Großer Perlmutfalter, Kleine Würfel-Dickkopffalter, Eisenfarbiger Samtfalter und Ampfer-Grünwidderchen.
Der BUND erwarb außerdem Flächen der im Grenzbereich gelegenen und deswegen 1970 geschleiften Ortschaft Jahrsau. BUND-Ehrenamtliche haben die wenigen noch sichtbaren Siedlungsreste wieder in Szene gesetzt und nutzen den Ort als Ausgangspunkt für ihre Führungen zur Grenzgeschichte. Im Zuge des Projekts wurde zudem das Maskottchen des Grünen Bandes „Bandi“ entwickelt, das mit Jugendlichen am Grünen Band auf Entdeckungsreise geht.
Hintergrund: Das Grüne Band
Das Grüne Band gilt seit über 30 Jahren als ein Symbol für die Überwindung von Grenzen und für die länderübergreifende Zusammenarbeit im Naturschutz. Als einzigartige Erinnerungslandschaft verbindet es Natur, Kultur und Geschichte entlang von 1.393 Kilometern mitten durch Deutschland. In Europa verbindet es entlang des einstigen Eisernen Vorhangs 24 Länder auf einer Länge von über 12.500 Kilometern und quert nahezu alle biogeographischen Regionen vom Eismeer bis an die Adria und ans Schwarze Meer.
Aufgrund der für Jahrzehnte eingeschränkten Nutzung im ehemaligen Todesstreifen und der dadurch heute noch ausgedehnten naturnahen Bereiche bildet das Grüne Band den einzig existierenden länderübergreifenden Biotopverbund Deutschlands. Eine Bestandsaufnahme des Grünen Bandes im Jahr 2011 ergab, dass insgesamt 13 % der Fläche des einzigartigen nationalen Biotopverbunds durch intensiv genutztes Grünland, Ackerbau und Straßen in ihrer Funktion stark beeinträchtigt waren. Neben zahllosen kleineren Zerschneidungen hat der BUND im Lückenschluss-Projekt 26 Lücken mit einer Länge von jeweils über einem Kilometer untersucht. Die Lücken sind vor allem in den Folgejahren der Wiedervereinigung entstanden, als Gesellschaft, Politik und Landnutzer*innen sich der einzigartigen Bedeutung des Grünen Bandes als längstem Lebensraumverbund Deutschlands noch nicht bewusst waren. So kam es auf zahlreichen Flächen zu intensiver landwirtschaftlicher Nutzung. Nach aktuellem Stand ist das Grüne Band noch auf 12,2 %, also ca. 170 Kilometer durch Lücken unterbrochen.
Das Projekt „Lückenschluss Grünes Band“ wurde im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt mit 3,96 Millionen Euro gefördert, der BUND hat aus Spendengeldern 1,09 Millionen Euro Eigenmittel eingesetzt und „Lotto Sachsen-Anhalt“ förderte mit ca. 0,15 Millionen Euro. Das BfN fördert die Erhaltung und Entwicklung des Grünen Bandes seit Jahrzehnten und aktuell beispielsweise durch die langjährigen Projekte „Quervernetzung Grünes Band“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt, sowie die Naturschutzgroßprojekte „Grünes Band Rodachtal-Lange Berge-Steinachtal“ und „Thüringer Rhönhutungen“.
Das Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) wird seit 2011 durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt unterstützt. Gefördert werden Vorhaben, denen im Rahmen der NBS eine gesamtstaatlich repräsentative Bedeutung zukommt oder die diese Strategie in besonders beispielhafter Weise umsetzen. Die geförderten Maßnahmen tragen dazu bei, den Rückgang der biologischen Vielfalt in Deutschland zu stoppen und mittel- bis langfristig in einen positiven Trend umzukehren. Sie dienen dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung sowie der Entwicklung der biologischen Vielfalt und gehen über die rechtlich geforderten Standards hinaus. Akzeptanzbildende Maßnahmen der Informationen und Kommunikation tragen dazu bei, das gesellschaftliche Bewusstsein für die biologische Vielfalt zu stärken.