- Gelbbauchunken sind wahre Überlebenskünstler
- Der Verlust von Laichgewässern bringt sie stark in Gefahr
Längere Trockenheit. Kaum ein Tropfen fällt vom Himmel. Der Wasserstand in vielen Seen sinkt beträchtlich und viele Tümpel und Teiche trocknen sogar komplett aus. Selbst Flüsse und Bäche führen immer weniger Wasser. In den letzten Tagen kamen nun auch noch Temperaturen deutlich jenseits der 30°C im Schatten dazu. Danach folgten dann aber teils Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen.
Was vielen Menschen und ebenso einem Großteil der Tier- und Pflanzenwelt zu schaffen macht, ist für einen kleinen Froschlurch ein wahrer Segen. Die Gelbbauchunke, mit ihrer namensgebenden gelb-schwarz gefleckten Unterseite, liebt diese sehr abwechslungsreichen Wetterlagen - benötigt sie in ihrem Lebensraum doch eine Dynamik, die sie heutzutage auf natürliche Weise kaum mehr finden kann. Sie sind wahre Überlebenskünstler.
Ursprünglich lebten Gelbbauchunken in unverbauten Bach- und Flussauen. Durch Hochwasserereignisse entstanden immer wieder Bodenanrisse, in denen sich das Wasser auch nach dem Abfließen der großen Wassermassen für einige Zeit halten konnte. Es bildeten sich Geröllhalden und Kiesbänke sowie Gebüsche. All dies wurde durch die Hochwasserdynamik immer wieder verändert. Die Gelbbauchunken reagieren sehr empfindlich auf die Gegenwart von Fressfeinden, wie Fischen, Libellen- und Käferlarven reagieren, weil ihre Kaulquappen von ihnen meist komplett gefressen werden. Deshalb suchen die gelbschwarzen Froschlurche sich Gewässer, die im Sommer nur über ein paar Wochen hinweg Wasser führen. Fische können sich in einem solchen zeitweiligen Tümpel Gewässer nicht halten und auch die meisten Libellen- und Käferlarve leben mehrere Jahre im Wasser bevor sie sich zum erwachsenen Insekt verwandeln.
Die von den Gelbbauchunken bevorzugten Kleinstgewässer sind meist nicht viel tiefer als ein paar Zentimeter und auch nur wenige Quadratmeter groß. Dadurch kann sich der Wasserkörper sehr schnell erwärmen, wodurch sich die Entwicklung der Kaulquappen zur fertigen Unke deutlich beschleunigt. Schließlich muss diese Entwicklung abgeschlossen sein bevor ihr Geburtsgewässer wieder ausgetrocknet ist! Durch die beschriebene natürliche Dynamik in den Bach- und Flussauen, war die Gelbbauchunke in Mittel- und Südosteuropa weit verbreitet. Mit Hilfe des Menschen konnte sie sich durch wassergefüllte Wagenspuren entlang von Handels- und Wirtschaftswegen sogar Abseits der Bäche und Flüsse in die Fläche ausbreiten. In Viehtränken und Kleinstabgrabungen fand sie ebenfalls immer wieder geeignete Bedingungen.
Mit der Begradigung von Bächen und Flüssen ging deren natürliche Dynamik beinahe überall verloren. Wege wurden befestigt und Viehtränken vernichtet. Übrig blieben allein Sekundär-Lebensräume wie Truppenübungsplätze sowie vor allem Abgrabungen, wie Ton-, Sand- und Kiesgruben und Steinbrüche. Nur dort findet sie noch die benötigte Dynamik und den strukturreichen Landlebensraum. An letzteren stellt die Gelbbauchunke deutlich höhere Ansprüche als andere Amphibienarten, muss sie doch in Trockenphasen feuchte, schattige und sichere Plätzchen aufsuchen, um die herum sich auch noch ausreichend Nahrung finden lässt.
Die oben genannten Sekundärlebensräume sind jedoch ebenfalls bedroht, da als Rekultivierungsziel in den häufigsten Fällen eine Aufforstung oder sogar die Verfüllung im Vordergrund steht. Für die meisten Arten von strukturreichen Offenlandschaften steht dieser Lebensraum somit nicht mehr zur Verfügung. Heute gehören Gelbbauchunken zu den am stärksten gefährdeten Amphibienarten in Deutschland. Auf der Roten Liste Deutschlands gilt sie als stark gefährdet, in einigen Bundesländern am Arealrand des Gesamtvorkommens (Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen) sogar als vom Aussterben bedroht. Europaweit steht sie als geschützte Art in den Anhängen IV und V der Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie. Somit ist die Art an sich wie auch ihr Lebensraum zu schützen. Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für diese Art, da sich hier sowohl ihre nördliche Verbreitungsgrenze als auch ein bedeutender Teil des Gesamtareals befindet.
Hintergrund:
Das Projekt "Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland" will helfen Aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes der Art wurde durch den NABU Niedersachsen im Jahr 2011 das bundesweite Artenschutzprojekt: "Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland" initiiert. Es wird im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt (BPBV) vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) finanziert.
Die Gelbbauchunke steht als Leit- und Zielart stellvertretend für eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten, die auf dynamische Offenlandschaften mit hoher Strukturvielfalt angewiesen sind. Federführend setzt der NABU mit weiteren Projektpartnern wie Biologischen Stationen und Universitäten praktische Maßnahmen zur Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland um.
Dieses auf eine Laufzeit von sechs Jahren ausgelegte Projekt zielt darauf ab, den Bestand der Gelbbauchunke zu sichern und die Wiederausbreitung der Art zu fördern, indem geeignete Lebensräume revitalisiert und Trittsteinbiotope als Wanderkorridore angelegt werden. Praktische Maßnahmen werden dabei mit schweren Geräten wie Bagger und Radlader umgesetzt.
Um stark isolierte Populationen miteinander zu vernetzen und die Gelbbauchunke schneller in einen besseren Erhaltungszustand zu überführen, werden Gelbbauchunken in bestimmten Projektgebieten wiederangesiedelt. Mit Artenschutzmaßnahmen soll nicht nur die Vielfalt an Lebensräumen, sondern auch die Artenvielfalt insgesamt in fünf Bundesländern (Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg) in insgesamt acht Projektregionen mit 130 Projektgebieten erhöht werden.
Das Gelbbauchunken-Projekt ist eng an die Praxis geknüpft. So wird ein bedeutender Anteil der Gelder für praktische Maßnahmen zur Renaturierung und zur Schaffung von geeigneten Bedingungen in Lebensräumen verwendet - ein wichtiger Beitrag zum Biotopverbund.
Das Projekt "Stärkung und Vernetzung von Gelbbauchunken-Vorkommen in Deutschland" ist ein Förderprojekt des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) welches im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt (BPBV) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert wird. Ferner unterstützen finanziell das Land Nordrhein-Westfalen mit Mitteln des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV), der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (MU) und die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) mit Mitteln des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbrau-cherschutz Baden-Württemberg (MLR) dieses Projekt. Projektträger ist der NABU Niedersachsen und Projektpartner sind die NABU Landesverbände Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die NABU Naturschutzstation Aachen, die Biologischen Stationen Bonn/ Rhein-Erft und Oberberg, das Institut für Zoologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover sowie das Institut für Umweltplanung der Leibniz Universität Hannover.
Im Netz unter: www.projekt-gelbbauchunke.de http://www.biologischevielfalt.de/...