Problemstellung
Nationale Grenzen überschreitende Kooperation ist grundsätzlich auch im Bereich des Rettungsdienstes sinnvoll und erstrebenswert. Allerdings erfordert die tägliche Zusammenarbeit gerade im Bereich der Gefahrenabwehr und Daseinsvorsorge ein besonders hohes Maß an Abstimmung und Regelung, zumal die einzelnen Nationalstaaten über sehr unterschiedliche rettungsdienstliche Systeme verfügen. Dies gilt in besonderem Maß für den bodengebundenen Rettungsdienst, da dieser die reguläre rettungsdienstliche Versorgung sicherstellt. Die Luftrettung wird sowohl in Deutschland als auch in allen Anrainerstaaten – mit Ausnahme der Schweiz – immer als Ergänzung des bodengebundenen Rettungsdienstes durchgeführt. Die Bemühungen der Europäischen Union, die Zusammenarbeit der grenznahen Regionen (Euregios) zu fördern, zeigen ebenso Wirkung wie die Aufhebung der Grenzkontrollen und die damit verbundenen politischen Entwicklungen. Ziel der Untersuchung war es unter anderem, den Stand der internationalen Zusammenarbeit zu dokumentieren, Schwierigkeiten aufzuzeigen und Möglichkeiten der Optimierung zu entwickeln.
Untersuchungsmethode
Eine erste Annäherung an die Thematik erfolgte durch eine Analyse der einschlägigen Literatur. Um der Komplexität des Untersuchungs-gegenstands gerecht zu werden, folgte in einer explorativen Phase eine strukturierte schriftliche Befragung der zehn Bundesländer, die an mindestens ein Nachbarland grenzen. Abschließend wurde ein Experten-Workshop mit Vertretern aller beteiligten Organisationen durchgeführt.
Ergebnisse
In zwei Dritteln (66 %) der 49 Rettungsdienstbereiche Deutschlands, die über eine Grenze mit einem Staat oder mehreren anderen Staaten verfügen, finden grenzüberschreitende Rettungseinsätze statt. Diese erfolgen in der Regel wechselseitig. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beruht in der überwiegenden Anzahl der Fälle auf regionalen Absprachen und inoffiziellen Kooperationen. Offizielle Vereinbarungen und Abkommen sind eine Seltenheit.
Als Problemfelder im Rahmen grenzüberschreitender Kooperation, die einer Regelung bedürfen, wurden die Bereiche Finanzierung/Kosten, Recht, Organisation, Kommunikation und Standards/Qualifikation identifiziert. Im Hinblick auf diese Hindernisse und Hemmschwellen gelang es, insbesondere auch durch den Erfahrungsaustausch im Rahmen des im Verlauf der Studie durchgeführten Workshops, hilfreiche Verfahrensweisen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
Folgerungen
Aufgrund der heterogenen Rahmenbedingungen sowohl innerhalb der Bundesrepublik Deutschland als auch im Hinblick auf die über teilweise völlig unterschiedliche Systeme verfügenden Anrainerstaaten (insgesamt sind zehn Staaten in die Untersuchung einbezogen) bieten die erarbeiteten Resultate auch eine Grundlage für den Aufbau und die Ausgestaltung grenzüberschreitender rettungsdienstlicher Kooperationen in der Europäischen Union. Die Ergebnisse des Projekts dienen somit nicht nur der Beschreibung des derzeitigen Status quo, sondern unterstützen den Auf- und Ausbau sowie die Optimierung der Ausgestaltung Staatsgrenzen übergreifender präklinischer notfallmedizinischer Kooperation.