Problemstellung
Fahranfänger haben ein erhöhtes Risiko, einen Verkehrsunfall zu verursachen und selbst Opfer eines Unfalls zu werden. Als Hauptgründe dafür gelten eine noch unzureichend ausgeprägte Verkehrs- und Gefahrenwahrnehmung sowie eine erhöhte Risikobereitschaft. Vom Einsatz multimedialen Lehr- und Lerntechnologien wird eine Optimierung der Fahranfängerausbildung erhofft.
Untersuchungsmethode
Es wurde ein computergestütztes Lernangebot entwickelt und evaluiert, das die Kompetenzen zum vorausschauenden Erkennen von Gefahren im Straßenverkehr unterstützen soll. Ausgehend von vorliegenden computergestützter Lernprogrammen wurden für die Entwicklung des Lernangebots unterschiedliche Gestaltungsprinzipien zugrunde gelegt: die dynamische Darstellung von Verkehrssituationen in einer kontrollierbaren Umgebung, der Einsatz von Multiple- Choice-Fragen und von Markierungen im Standbild als Abfrageformate sowie die Nutzung eines fehlerspezifischen Feedbacks. Die empirische Überprüfung der Wirkung des Lernangebots erfolgte in einer Fahrsimulatorstudie. Dazu wurden Testszenarien in Anlehnung an bekannte Gefahrensituationen aus dem Lernangebot sowie neue, den Probanden unbekannte kritische Verkehrssituationen gewählt. Die Fahrsimulatortests erfolgten im Hinblick auf Kompetenzen zum vorausschauenden Fahren von Fahranfängern, die zuvor entweder das computerbasierte Lernangebot mit adaptiver Lernerfolgsrückmeldung, das computerbasierte Lernangebot mit vereinfachter Rückmeldung, ein verkürztes computerbasiertes Lernangebot, ein inhaltlich vergleichbares papierbasiertes Lernangebot oder keine Lernintervention erhalten hatten. Zudem wurde eine Gruppe von erfahrenen Fahrern getestet, um mögliche positive Effekte der Lernangebote im Vergleich zur Leistung von Verkehrsteilnehmern mit langjährigen Erfahrungen bewerten zu können. Zentrale Variable für die Einschätzung der Wirksamkeit der Lernangebote war das Blickverhalten der Probanden.
Ergebnisse
Das entwickelte Lernangebot enthält dynamische Computer-Darstellungen sowie eine adaptive Lernerfolgsrückmeldung. Es besteht aus zwei Lerneinheiten von jeweils zirka 45 Minuten. Die erste Lerneinheit setzt sich aus Vorwissenstest, Wissensvermittlung sowie dem ersten Teil der Anwendungs- und Übungsaufgaben zusammen. In der zweiten Lerneinheit sind die Übungen stärker auf die Kombination der Teilkompetenzen und die Ableitung von Verhaltenskonsequenzen ausgerichtet.
Fahrschüler, die ein multimediales Training zur Gefahrenwahrnehmung erhielten, wiesen ein signifikant besseres Blickverhalten und ansatzweise auch ein besseres Fahrverhalten als konventionell geschulte Fahrschüler auf. Zudem war ihre Gefahrenwahrnehmung vergleichbar mit den Leistungen erfahrener Fahrer. Die Vorteile des computerbasierten Trainings liegen insbesondere in der Förderung der Gefahrenwahrnehmung und damit verknüpfter Teilfertigkeiten wie Blickverhalten und Situationsverständnis. Lerneffekte waren insbesondere dann deutlich zu erkennen, wenn das Lernangebot sowohl dynamische Darstellungen als auch adaptive Rückmeldungen enthielt und zwei Übungseinheiten umfasste. Dadurch wurde neben dem Blickverhalten auch das Situationsverständnis und die Ableitung von Verhaltenskonsequenzen geschult.
Folgerungen
Multimediale Lernanwendungen können die Fahrausbildung sinnvoll ergänzen. Bei adäquater didaktischer Umsetzung sind computerbasierte Trainingsprogramme in der Lage, die notwendige Erfahrungsbildung zur Bewältigung von Gefahrensituationen in einem geschützten Umfeld zu fördern. Im Vergleich zu konventionellen Lernangeboten im Papierformat bestehen die Vorteile in einer realitätsnahen, dynamischen Darstellung von Verkehrssituationen und einer adaptiven Lernerfolgsrückmeldung
Abstract
Supporting driver education with training software
Anticipatory driving skills and the perception of hazards are less developed in novice drivers. This is regarded as the main causes for the increased accident risk of novice drivers. Electronic teaching and training media offer new opportunities for the realistic and risk-free training of traffic and hazard perception. A driving simulator based test procedure was developed for controlling the learning success. Within the framework of a test-control group design, the test results of the learner drivers, who had completed the training programme (test group) were compared with the test results of the untrained learner drivers (control group). Learner drivers who had received computer based training with adaptive error feedback demonstrated a significantly better glance behaviour and to some degree improved driving behaviour, than conventionally trained learner drivers. In addition, the perception of risk situations was comparable with the performance of experienced drivers. Measurable learning effects of the computer based training could be observed if, in addition to the glance behaviour, situation comprehension had been trained and supported by adaptive error feedback. Electronic teaching-learning media can thus complement driver training meaningfully. Compared to conventional training, the advantages of computer based learning media are the realistic and dynamic presentation of traffic situations and the adaptive feedback.