"Verkehrssicherheits-Botschafter" spielen.
Problemstellung
Mobilitätssicherung und Verkehrssicherheit älterer Kraftfahrer und Kraftfahrerinnen sind in ganz Europa aufgrund der demographischen Entwicklung und der Bedeutung des Pkw für ältere Menschen von vorrangiger Bedeutung. Vor dem Hintergrund, dass in der Bundesrepublik Deutschland die Fahrerlaubnis nicht altersbegrenzt wird, erhält die gestiegene Mobilität älterer Menschen und ihre Beteiligung am Unfallgeschehen eine besondere Bedeutung für eine zielgruppengerichtete Verkehrssicherheitsarbeit. Die Berücksichtigung typischer Leistungseinschränkungen und Leistungseinbußen älterer Verkehrsteilnehmer spielt dabei unabhängig von der Art ihrer Verkehrsteilnahme eine wichtige Rolle. Es stellt sich die Frage, wie eine möglichst sichere Verkehrsteilnahme bei gleichzeitig zu erwartenden individuellen, verkehrssicherheitsrelevanten Leistungsverminderungen in der heterogenen Gruppe der Senioren gewährleistet werden kann.
Vorgehensweise
Es wurde ein Mobilitätsberatungskonzept für Ärzte entwickelt, das eine gezielte Aufklärungsarbeit hinsichtlich medizinisch relevanter Aspekte einer möglichst sicheren Verkehrsteilnahme ermöglicht. Genutzt werden soll hierbei das positive Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Auf Basis einer umfassenden Literaturrecherche und einer qualitativen Befragung wurde ein Fortbildungskonzept für Ärzte zum Thema "Verkehrssicherheit und Mobilität für Senioren" konzipiert und prozessbegleitend evaluiert. Das Konzept wurde als eintägige Fortbildungsveranstaltung von mehreren Ärztekammern überregional zertifiziert und somit in der ärztlichen Weiterbildung verankert. Parallel dazu wurde ein Evaluationsverfahren entwickelt, um die Einstellung und das Verhalten der älteren Verkehrsteilnehmer sowie die Auswirkungen der Fortbildung auf den ärztlichen Behandlungsalltag zu erfassen.
Ergebnisse
Die eigene Fahrkompetenz und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr sind für die Senioren von großer Bedeutung für ihre Lebensqualität. Zugleich zeigten sich jedoch auch mögliche Einschränkungen, die durch den Gesundheitszustand der Befragten oder die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente hervorgerufen werden können. Unabhängig von diesen potenziellen Risikofaktoren schätzen sich die meisten Senioren selbst als weiterhin unbeeinträchtigte, sichere Kraftfahrer ein. Der Stellung des Hausarztes kommt in dieser Situation eine besondere Rolle zu, da dieser überwiegend als kompetente Vertrauensperson angesehen wird. Ziel einer hausärztlichen Mobilitätsberatung sollte die Erhaltung der Mobilität, verbunden mit einer Sensibilisierung für bestehende Einschränkungen sowie das Aufzeigen von Kompensationsmöglichkeiten sein. Das neu konzipierte Fortbildungskonzept und die Funktion des "Verkehrssicherheits-Botschafters" stieß auf eine sehr gute Resonanz unter den teilnehmenden Ärzten.
Folgerungen
Niedergelassene Ärzte als Vertrauenspersonen zielgerecht in die Mobilitätsberatung älterer Kraftfahrer einzubeziehen, erscheint angesichts des beträchtlichen Kompensationspotenzials dieser Verkehrsteilnehmer viel versprechend. Mögliche Leistungsbeeinträchtigungen und die daraus resultierenden Risiken können im Einzelfall effizienter eingeschätzt und in einer entsprechenden Beratung individuell angesprochen werden. Dies setzt allerdings voraus, dass Ärzte gezielter als bisher über die Bedeutung von Alter, Leistungsfähigkeit und Fahrkompetenz informiert und entsprechend ausgebildet werden, so dass sie im Rahmen des Behandlungsalltages ihren älteren Patienten angemessen beistehen können. Die hohe Akzeptanz unter den Teilnehmern der neu entwickelten Fortbildungsmaßnahme für Ärzte lässt sich dahingehend deuten, dass die Thematik für die niedergelassenen Ärzte relevant ist. Die überregionale Zertifizierung und Implementierung der ärztlichen Fortbildung schaffen schließlich die Voraussetzung dafür, die generelle Wirksamkeit und den Nutzen der Maßnahme im Hinblick auf die Verbesserung der Verkehrssicherheit älterer Menschen zu überprüfen.