"1. Können die Mitgliedstaaten Tätigkeiten von Staaten, Ländern, Gemeinden oder sonstigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer befreit sind, nur dadurch gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG als Tätigkeiten "behandeln", die diesen Einrichtungen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, dass die Mitgliedstaaten eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelung treffen.
2. Können "größere Wettbewerbsverzerrungen" i.S. von Art. § 4 Abs. 5 Unterabs. 4 i.V.m. Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG nur dann vorliegen, wenn eine Behandlung einer Einrichtung des öffentlichen Rechts als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten konkurrierender privater Steuerpflichtiger führen würde, oder auch dann, wenn eine Behandlung einer Einrichtung des öffentlichen Rechts als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen zu ihren Lasten führen würde".
Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob die Klägerin Vorsteuer aus der Errichtung eines an die Industrie- und Handelskammer (IHK) vermieteten Gebäudes beanspruchen kann. Das hängt davon ab, ob die IHK als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Vermietung von Büroräumen und PKW-Stellplätzen an Dritte unternehmerisch tätig geworden ist. Entscheidend hierfür ist die Auslegung der für die Auslegung des Umsatzsteuergesetzes verbindlichen europäischen Mehrwertsteuer-Richtlinie 77/388/EWG.
Nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten eine steuerfreie Vermietungstätigkeit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts als nichtunternehmerisch behandeln, sofern dies nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt. Das FG hatte festgestellt, im Streitfall lägen erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der IHK - nicht etwa zu Lasten von mit ihr konkurrierenden Privatunternehmern - vor, wenn die IHK als Nichtunternehmer behandelt werde. Nicht geklärt ist, ob der Wettbewerbsvorbehalt nur konkurrierende Privatunternehmer schützen soll.