Die Ministerin erinnerte unter anderem an die Klage der Bundesregierung gegen die Europäische Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union, um die Beibehaltung der höheren deutschen Schutzstandards bei der Sicherheit von Kinderspielzeug durchzusetzen. Nach der neuen europäischen Spielzeug-Richtlinie dürften Spielzeuge auf dem europäischen Markt ab Mitte 2013 teilweise mehr Schadstoffe enthalten als derzeit in Deutschland zulässig. Dabei geht es vor allem um Blei, Arsen und Quecksilber. Nach Ansicht des BfR werden Kinder vor diesen Stoffen nach der neuen EU-Richtlinie nicht ausreichend geschützt. Die Gutachten des BfR waren die wesentliche Grundlage, auf der die Bundesregierung die Klage vorbereiten und sich damit weiterhin vehement für einen angemessenen Schutz von Kindern vor gefährlichen Stoffen einsetzen konnte.
Im Rahmen der Feierstunde am BfR-Standort Berlin-Marienfelde eröffnete Aigner außerdem eine Ausstellung zur Geschichte des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in Deutschland. Die Ausstellung zeigt, dass gesundheitlicher Verbraucherschutz schon seit rund 500 Jahren Thema öffentlicher Debatten ist, dass er aber erst seit dem Beginn der modernen Naturwissenschaft im 18. und 19. Jahrhundert auf eine solide wissenschaftliche Basis gestellt wurde, die allmählich zur Grundlage administrativen Handelns wurde. So wurde zum Beispiel im 18. Jahrhundert Mehl mit Gips versetzt oder Milch mit Wasser verdünnt und mit Seife und Kreide versetzt. Erkenntnisse aus der Chemie und Toxikologie führten in solchen Fällen dann schließlich zu entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Ein weiteres Beispiel ist das Farbengesetz von 1887, das die Verwendung giftiger Farben mit Schwermetallen in Lebensmitteln verbot. Sie waren bis dahin gelegentlich zur Färbung von Zuckerwerk, Lebkuchen und Torten verwendet worden.
Vom kaiserlichen Gesundheitsamt, auf dessen ursprünglichen Gelände das BfR noch bis vor kurzem residierte, bis zum heutigen BfR war es ein Weg durch mehrere Umbrüche und Institutionen. Es folgten das Reichsgesundheitsamt, das Bundesgesundheitsamt, Mitte der 90er Jahre schließlich das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV). Nachdem das Vertrauen der Verbraucher in die Lebensmittelsicherheit im Zuge der BSE-Krise in seinen Grundfesten erschüttert war, entschloss sich die Bundesregierung 2002 zu einer Neuorganisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in Deutschland. Die Bewertung von Risiken sollte fortan getrennt von deren Management erfolgen. Aus dem BgVV wurden das BfR und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Heute erstellt das BfR im Auftrag der Bundesregierung Gutachten und Stellungnahmen zu Risiken, die von Stoffen und Mikroorganismen in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten wie Kosmetika, Spielzeug und Lebensmittelverpackungen ausgehen können. Die Stellungnahmen dienen der Bundesregierung als Grundlage für die Entscheidung über erforderliche Maßnahmen. Auch auf europäischer Ebene ist das BfR in den entsprechenden wissenschaftlichen Gremien vertreten. Es betreibt darüber hinaus eigene Forschung im Rahmen seiner Aufgabengebiete.