Der Wettbewerb "Bioenergiedörfer 2012" würdigt das bürgerschaftliche Engagement der Orte und Gemeinden und trägt dazu bei, auch andere Kommunen zu einer Umstellung auf regenerative Energien zu motivieren. Vorraussetzung für eine Teilnahme am Wettbewerb ist, dass die Orte und Gemeinden mehr als die Hälfte ihres Energiebedarfs aus regionaler Biomasse erzeugen. Im Jahr 2012 haben sich 41 Bioenergiedörfer mit vielfältigen Konzepten um die Auszeichnung beworben. Die Jury achtet bei ihrer Bewertung vor allem auf die Höhe des Versorgungsgrades mit Bioenergie, den nachhaltigen Umgang mit Biomasse, eine innovative und effiziente Anlagentechnik, die Einbindung der Bevölkerung und eine öffentliche Kommunikation des Projekts. "In Zukunft wird es immer wichtiger, die Menschen vor Ort in Städten und Gemeinden von energiepolitischen Innovationen zu überzeugen. Gerade durch die Kombination aus Bürgerbeteiligung, vorzüglicher erneuerbarer Energieerzeugung und Wertschöpfung kann die Energiewende zum Erfolg werden. Die dezentrale Erzeugung und Nutzung von Bioenergie spielt bei der Energiewende eine wesentliche Rolle und bringt dem ländlichen Raum viele Vorteile", sagte Bundesministerin Aigner.
Die Preise "Bioenergiedorf 2012" werden im Rahmen der Messe "BioEnergy Decentral" am 14. November in Hannover vergeben. Alle drei Kommunen erhalten vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die Auszeichnung "Bioenergiedorf 2012" sowie ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Die Preisgelder stehen den prämierten Bioenergiedörfern für die Weiterentwicklung ihrer Konzepte zur Verfügung.
Die Bioenergiedörfer 2012:
Schlöben (Thüringen)
Das Konzept des Bioenergiedorfs Schlöben ist voller Ideen und Innovationen, die von den Bioenergiedörfern Jühnde in Niedersachsen und Güssing in Österreich inspiriert wurden. Im Jahr 2009 wurde die Bürgergenossenschaft "Bioenergiedorf Schlöben eG" gegründet, an der nicht nur alle Wärmeabnehmer, sondern auch die Kommune, der Landkreis und ein lokales Agrarunternehmen beteiligt sind. Den Großteil der Energie liefert auch in Schlöben eine Biogasanlage. Das dort erzeugte Biogas wird in einer Mikrogasleitung an drei Satelliten-Blockheizkraftwerke weitergeleitet, die an mehreren Standorten teils direkt im Ort Strom und Wärme für die 480 Einwohner produzieren. Zusätzliche Wärme liefert im Winter ein Holzhackschnitzelheizwerk mit 500 Kilowatt Leistung.
Die Schlöbener achteten von Anfang an auf Effizienz, möglichst kurze Transportwege und die Nutzung von Synergieeffekten. So wurden während der Verlegung des 5,8 Kilometer langen Nahwärmenetzes parallel die Energie-, Wasser- und Abwassertrassen saniert und ein Breitbandkabelnetz installiert. Das Rapsöl, das für die Stützfeuerung der Zündstrahl-Blockheizkraftwerke benötigt wird, wird von einem ortsansässigen Agrarunternehmen erzeugt und auch für die Schlepper eingesetzt. Die Hackschnitzel kommen aus Landschaftspflegemaßnahmen der Gemeinde und aus Waldrestholz der Genossenschaftsmitglieder. Um Strom zu sparen, setzten die Bürger in Schlöben zahlreiche Sparmaßnahmen wie die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Lampen um. Außerdem glätten die Bewohner die Heizkurve, indem die Abnehmer zu unterschiedlichen Zeiten heizen.
Oberrosphe (Hessen)
Das hessische Oberrosphe ist unter den Bioenergiedörfern mit genossenschaftlicher Organisation einer der Pioniere. Bereits 2005 forderten die Bürgerinnen und Bürger die Abkopplung von fossilen Energieträgern. Im Jahr 2008 konnten dann 123 der insgesamt 240 Haushalte und die kommunalen Gebäude an das sieben Kilometer lange Nahwärmenetz angeschlossen werden. Die Wärme liefern eine Hackschnitzelanlage und das Blockheizkraftwerk eines nahegelegenen Bioenergiehofes, das 2011 ans Netz ging. Die Hackschnitzel werden aus Kronenholz und Baumschnitt aus den umliegenden Kommunen hergestellt. Betreiber des Nahwärmenetzes und der Hackschnitzelanlage ist eine Bürgergenossenschaft.
Grünen Strom liefern neben dem Blockheizkraftwerk eine eigene Photovoltaikanlagen sowie die Stadtwerke Marburg-Biedenkopf. Die anfallenden Arbeiten übernehmen die Bürger selbst und ehrenamtlich. Sie haben zudem ein über acht Bundesländer reichendes Netzwerk gegründet, dessen Mitglieder sich jährlich treffen und austauschen. Zahlreiche Besuchergruppen aus der ganzen Welt haben sich in Oberrosphe bereits von dem Konzept inspirieren lassen.
Großbardorf (Bayern)
Die Energieversorgung der knapp 950 Einwohner von Großbardorf sichert eine Biogasanlage, die Strom und Wärme erzeugt. Die Spitzenlast deckt ein Hackschnitzelkessel, die Wärme verteilt ein Nahwärmenetz. Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten wurde die Biogasanlage in Großbardorf von Anfang an für die Wärmeversorgung des Ortes geplant und dimensioniert. Sie wird gemeinschaftlich von 41 haupt- und nebenberufliche Landwirten getragen, die die Anlage mit Substrat beliefern und die Gärreste auf ihren Feldern ausbringen. Die Substrate kommen ausschließlich aus der Produktion der Anlageneigentümer, wobei der Flächenanteil für Mais in keiner Gemarkung über sieben Prozent liegt. Zur Auflockerung der Feldflur werden Blühstreifen eingesät und das Biogassubstrat durch Kräutermischungen und neuerdings auch Riesenweizengras ergänzt.
Eine Besonderheit von Großbardorf ist der stark ausgeprägte gemeinschaftliche Unternehmersinn: Die Bürgerinnen und Bürger haben seit 2005 rund 15 Millionen Euro in Erneuerbare-Energien-Projekte investiert. Neben der Biogasanlage und dem ebenfalls gemeinschaftlich betriebenen Nahwärmenetz entstand so eine Gemeinschaftsphotovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von 1,9 Megawatt. In den vergangenen Jahren kamen vier kleinere Anlagen mit insgesamt 346 Kilowatt Nennleistung hinzu. Wie gut das Konzept in Großbardorf aufgegangen ist, zeigt auch die Ansiedlung eines mittelständischen Unternehmens mit mehr als 130 Mitarbeitern, das den Anschluss an das Nahwärmenetz als entscheidenden Standortvorteil erkannt hat.