Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler erklärten in Berlin: "Die Sicherheit von Kindern hat für die Bundesregierung höchste Priorität. Wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um höhere nationale Schutzstandards für Kinder zu erhalten." Bundesministerin Aigner kritisierte, "es wäre absurd, wenn die neue Richtlinie dazu führen würde, dass Kinder mehr Schadstoffen ausgesetzt sind als bisher. Dass die EU-Kommission unseren Antrag auf Beibehaltung der höheren nationalen Schutzstandards in Teilen abgelehnt hat, lassen wir so nicht stehen. Wenn es um die Sicherheit der Kinder geht, darf es keine Kompromisse geben."
Bundesminister Rösler erklärte: "Die Gesundheit unserer Kinder ist das höchste Gut. Schadstoffe im Spielzeug sind oft heimtückisch. Hier muss es bei unseren strengeren Vorschriften bleiben. Es ist nicht akzeptabel, wenn diese aufgeweicht werden."
Die Bundesregierung setzt sich bereits seit Jahren intensiv für sicheres Spielzeug ein und hat in der Diskussion um die Spielzeugrichtlinie wiederholt auf Verbesserungen gedrängt. Einerseits bringt die neue Spielzeugrichtlinie zwar viele Verbesserungen zum Schutz der Kinder. So gelten mit Anwendungsbeginn im Juli 2011 strengere Anforderungen an die Produktion von Spielzeug sowie schärfere Kontrollpflichten für Hersteller und Importeure. So darf zum Beispiel ein Spielzeug nicht mehr fest mit Lebensmitteln verbunden sein, um für Kinder die Gefahr des versehentlichen Verschluckens zu verringern.
Andererseits aber geht die neue Richtlinie der Bundesregierung in wesentlichen Punkten nicht weit genug. Dies betrifft vor allem die chemischen Anforderungen an Spielzeug, die ab Juli 2013 anzuwenden sind. Daher hatte sie die EU-Spielzeugrichtlinie bei der Abstimmung in Brüssel abgelehnt und sich mit Nachdruck für weitergehende Verbesserungen eingesetzt. Erforderlich ist es aus Sicht der Bundesregierung, die Grenzwerte bestimmter Schwermetalle wie Blei, Arsen und Quecksilber weiter abzusenken. Das Bundesverbraucherministerium hatte deshalb beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin verschiedene Risikobewertungen für Spielzeug in Auftrag gegeben, um in Brüssel die Notwendigkeit von Verbesserungen der Sicherheit von Spielzeug zu untermauern.
Am 20.01.2011 hatte die Bundesregierung bei der EU-Kommission einen Antrag nach Artikel 114 Absatz 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gestellt, um - abweichend von der neuen Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug - nationale Grenzwerte für fünf Elemente (Blei, Barium, Arsen, Quecksilber und Antimon) sowie für Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe beizubehalten. Der Antrag wurde notwendig, da die EU-Richtlinie Grenzwerte vorschreibt, die nach Einschätzung nationaler Experten, zum Beispiel des Bundesinstituts für Risikobewertung, keinen ausreichenden Schutz der Gesundheit von Kindern gewährleisten können.
Mit Beschluss vom 01.03.2012 hat die Kommission dem Antrag nur in Teilen stattgegeben: So konnte sich die Bundesregierung mit ihrem Antrag bei den krebserzeugenden und erbgutschädigenden Nitrosaminen durchsetzen. Jedoch dürfen die nationalen Grenzwerte für Blei und Barium in Spielzeug nach Auffassung der EU-Kommission nur noch bis zum 21.07.2013 abweichend in Deutschland Anwendung finden. Die beantragten abweichenden Grenzwerte für Antimon, Arsen und Quecksilber wurden von der Kommission nicht gebilligt.
Gegen den Beschluss der Kommission setzt sich die Bundesregierung nun rechtlich zur Wehr und macht von der Möglichkeit Gebrauch, gegen den Kommissionsbeschluss mit einer Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) vorzugehen.