"Es gibt eine breite Mehrheit in unserem Land, die bereit ist, für ihre Angehörigen da zu sein, wenn diese ihre Hilfe am meisten brauchen. Mit der Einführung der Familienpflegezeit können Berufstätige sich Zeit für Pflege nehmen ohne allzu große finanzielle Einbußen und ohne Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Das ist ein innovatives Modell, das die Bürgerinnen und Bürger entlastet, ohne die Sozialsysteme zusätzlich zu belasten. Mit der Familienpflegezeit stützen wir die Familie als Verantwortungsgemeinschaft", erklärt Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.
Der Bedarf einer besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ist in Deutschland hoch: Von den 2,42 Millionen Menschen in Deutschland, die Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen, werden knapp 1,7 Millionen Menschen zu Hause versorgt - durch Angehörige und ambulante Dienste. 76 Prozent der Berufstätigen möchten ihre Angehörigen so weit wie möglich selbst betreuen. Dieser Wunsch nach familiärer Unterstützung lässt sich aber nicht immer verwirklichen. Zwar halten es mittlerweile 82 Prozent der Geschäftsführer und Personalverantwortlichen für wichtig, dass es Mitarbeitern erleichtert wird, ihre Familienangehörigen zu pflegen, eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach belegt jedoch: Für 79 Prozent der Berufstätigen lassen sich Beruf und Pflege nicht gut vereinbaren.
Genau hier setzt das Modell der Familienpflegezeit an.
Die Familienpflegezeit sieht vor, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden reduzieren können, wenn sie einen Angehörigen pflegen. Wird z. B. die Arbeitszeit in der Pflegephase von 100 auf 50 Prozent reduziert, erhalten die Beschäftigten weiterhin 75 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Zum Ausgleich müssen sie später wieder voll arbeiten, bekommen in diesem Fall aber weiterhin nur 75 Prozent des Gehalts - so lange, bis das Zeitkonto wieder ausgeglichen ist. Um die Risiken einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gerade für kleinere und mittlere Unternehmen zu minimieren, muss jeder Beschäftigte, der die Familienpflegezeit in Anspruch nimmt, zu diesem Zeitpunkt eine Versicherung abschließen. Die Prämien sind lediglich gering; die Versicherung endet mit dem letzten Tag der Lohnrückzahlungsphase der Familienpflegezeit.
Die Familienpflegezeit hat auch das Problem der Altersarmut im Blick.
Beitragszahlungen in der Familienpflegezeit und die Leistungen der Pflegeversicherung zur gesetzlichen Rente bewirken zusammen einen Erhalt der Rentenansprüche. Diese Ansprüche steigen mit der Höhe der Pflegestufe. Damit halten pflegende Angehörige, trotz Ausübung der Pflege, die Rentenansprüche etwa auf dem Niveau der Vollzeitbeschäftigung. Personen mit geringem Einkommen werden sogar besser gestellt.
In der betrieblichen Praxis orientiert sich die Familienpflegezeit am Modell der Altersteilzeit. Das bedeutet: Arbeitgeber und Arbeitnehmer schließen eine Vereinbarung zur Familienpflegezeit ab. Der Arbeitgeber beantragt dann eine Refinanzierung beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
Nach der Pflegephase behält der Arbeitgeber einen Teil vom Lohn ein und zahlt diesen an das Bundesamt zurück. Die Erfahrung mit der Altersteilzeit zeigt eine große Akzeptanz bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern, ohne dass gleichzeitig Beschäftigte und Unternehmen in gesetzliche Zwänge gedrängt werden. Nicht umsonst stieg die Nutzung der Altersteilzeit seit ihrer Einführung 1997 innerhalb von 10 Jahren auf 100.000 Teilnehmer an.
Weitere Informationen zur Familienpflegezeit finden Sie unter www.bmfsfj.de
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