Derzeit leisten rund 360 Frauenhäuser, 240 lokale und regionale Frauennotrufe und Frauenberatungsstellen in Deutschland und viele weitere Unterstützungseinrichtungen Beratung und Hilfe für weibliche Opfer psychischer, körperlicher und sexualisierter Gewalt. Ziel der geplanten bundesweiten, anonymen Notrufnummer ist es, auch außerhalb der üblichen Bürozeiten telefonische (Erst-)Beratung für Frauen in allen Gewaltsituationen zu leisten und eine kompetente Weitervermittlung an die Unterstützungseinrichtungen vor Ort zu ermöglichen. Das Angebot richtet sich auch an das soziale Umfeld und die zuständigen Berufsgruppen sowie an Männer - als Unterstützer ebenso wie als Täter. Frei geschaltet wird die bundesweite Notrufnummer voraussichtlich Ende 2011. Bis dahin muss eine neue Struktur aufgebaut, das Beratungspersonal intensiv geschult und die Kooperation mit den bestehenden Unterstützungssystemen etabliert werden.
Damit die Nummer auch Wirkung zeigen kann, ist es wichtig, dass betroffene Frauen vor Ort eine unbürokratische und niedrigschwellige Infrastruktur zur Unterstützung vorfinden - von den Frauenhäusern und Frauenschutzwohnungen über die Frauenberatungsstellen, Interventionsprojekte und weiteren spezialisierten Beratungseinrichtungen für Opfer von Menschenhandel, Zwangsverheiratung, Stalking und Genitalverstümmelung.
Jährlich nutzen rund 40.000 Frauen und Kinder die 360 Frauenhäuser in Deutschland. Die Finanzierung der Hilfeangebote vor Ort ist nach der Verfassung Aufgabe der Länder und Kommunen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt die Arbeit, indem es die Vernetzung der Einrichtugen fördert. Gemäß einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag soll in dieser Legislaturperiode zusätzlich ein Bericht des Bundes die Lage der Frauen- und Kinderschutzhäuser und der übrigen Hilfeinfrastruktur untersuchen.
Wie groß das Problem der Gewalt gegen Frauen ist, zeigen mehrere Studien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
- 40 Prozent der befragten Frauen haben unabhängig vom Täter-Opfer-Kontext schon mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt oder beides erlebt.
- Rund 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben Formen körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch den aktuellen oder einen früheren Beziehungspartner erlebt. Frauen sind demnach von häuslicher Gewalt mehr bedroht als durch andere Gewaltdelikte, wie Körperverletzung mit Waffen, Wohnungseinbruch oder Raub.
- Zwei Drittel der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen haben schwere bis sehr schwere körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlitten. Über ein Drittel der betroffenen Frauen hat sehr schwere bis lebensbedrohliche Gewalt erlebt.
- Trennung und Scheidung sind Situationen, in denen Frauen besonders davon bedroht sind, Opfer von Gewalt zu werden. Droht der Partner oder Ex-Partner Gewalt an, wird diese Drohung sehr häufig auch realisiert.
- Gewalterfahrung in der Kindheit ist der stärkste Risikofaktor für Frauen, auch als Erwachsene Opfer zu werden: Das Risiko ist doppelt so hoch, wenn Frauen in ihrer Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern miterlebt haben; das Risiko ist dreimal so, wenn sie selbst Opfer von körperlicher Gewalt durch Erziehungspersonen wurden. Die in der Kindheit erlebte Gewalt hat also schwerwiegende Folgen auch für das Erwachsenenleben.