In der gestrigen Sitzung wurden gemeinsame Empfehlungen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Gesundheitswesen formuliert. Dazu erklärt die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz: "Ich begrüße es sehr, dass alle Beteiligten die Notwendigkeit und Dringlichkeit Familienfreund- licher Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen erkannt haben. Schon heute zeichnen sich personelle Engpässe in Krankenhäusern, der Pflege und im ärztlichen Bereich ab. Da können wir nicht auf gut qualifiziertes Personal verzichten, das aus dem Beruf aussteigen muss, nur weil es keine entsprechenden Angebote gibt."
Das erste Treffen des Runden Tisches " Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Gesundheitswesen" fand am 13. Juli 2010 statt. An den Gesprächen nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Krankenhäuser, der Ärzteschaft einschließlich des Ärztinnenbundes, der Pflegenden und der Pflegeeinrichtungen, der medizinischen Fachberufe, der Gewerkschaften, der Länder und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen teil.
Die Teilnehmenden der zweiten Sitzung des Runden Tisches empfehlen als erstes Ergebnis der Beratungen verschiedene Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Gesundheitswesen. Dazu gehören:
- Die Beseitigung von Hemmnissen in der Aus- und Weiterbildung von Berufen,
- die Bereitstellung gezielter Information über gute Initiativen im Krankenhaus und der Arztpraxis und
- erste Maßnahmen zur Personalgewinnung in Alten- und Pflegeeinrichtungen.
Die Teilnehmenden des Runden Tisches beabsichtigen ihre Arbeit fortzusetzen und spätestens nach Ablauf eines Jahres über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen zu berichten.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.bundesgesundheitsministerium.de
Empfehlungen des Runden Tisches Vereinbarkeit Familie und Beruf im Gesundheitswesen vom 1. Dezember 2010
Die Teilnehmenden der zweiten Sitzung des Runden Tisches empfehlen als erstes Ergebnis der Beratungen folgende Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Gesundheitswesen:
- Beseitigung von Hemmnissen in der Aus- und Weiterbildung von Berufen im Gesundheitswesen
Alle Möglichkeiten sollten ausgeschöpft werden, die Durchführung des Studiums in Vollzeit zu erleichtern. Darüber hinaus ist aber auch eine stärkere Flexibilisierung der praktischen Studienanteile hilfreich und die Beseitigung von Hemmnissen notwendig. Entsprechendes sollte für die Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen gelten.
- Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) prüft, ob und inwieweit Änderungen der Ausbildungsregelungen erforderlich sind.
- In den Ländern wird geprüft, ob und inwieweit die Ausbildungsordnungen anzupassen sind.
- Krankenhausträger, Universitäten und Universitätskliniken entwickeln Modelle der guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf einschließlich Teilzeitkonzepten.
Die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern lassen die Möglichkeit einer Weiterbildung in Teilzeit ausdrücklich zu, jedoch wird davon bislang nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht.
- Die Bundesärztekammer und die Ärztekammern wirken darauf hin, dass die bestehenden Möglichkeiten besser ausgeschöpft werden.
- Die Landesärztekammern sollten ihre Weiterbildungsregelungen vereinheitlichen, damit bei Wechsel des Landes keine Anerkennungsprobleme auftreten.
- In den Kammerbezirken, Krankenhäusern und Praxen müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, vermehrt Weiterbildung in Teilzeit absolvieren zu können: Dazu gehören insbesondere Weiterbildungsstrukturen, Ausbau von Verbundweiterbildung und Personalentwicklungsmaßnahmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern.
In den Gesundheitsfachberufen ist die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen unterschiedlich ausgestaltet. Soweit die Weiterbildung im Beruf erfolgt, unterscheiden sich die Weiterbildungsregelungen in den Ländern und sehen nur in einigen Ländern die Möglichkeit der Teilzeit vor.
- Die Länder sollten ihre Weiterbildungsregelungen vereinheitlichen und Teilzeitmodelle vorsehen. Insbesondere soll die Anerkennung beim Wechsel des Landes erleichtert werden.
Einerseits ist der Schutz werdender und stillender Mütter von hoher Bedeutung. Mutterschutzregelungen dürfen jedoch andererseits die Aus- und Weiterbildung nicht unangemessen behindern. Daher bitten die Teilnehmenden das Bundesministerium für Gesundheit auf das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zuzugehen und die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern einzurichten, die sich mit der Überarbeitung der Mutterschutzregelungen befasst und die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf alle werdenden und stillenden Mütter prüft.
- Bereitstellung gezielter Information über gute Initiativen im Krankenhaus und der Arztpraxis
Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist für alle im Gesundheitswesen Beschäftigten von hoher Bedeutung. Für den Erfahrungsaustausch der Einrichtungen untereinander und die Information der Beschäftigten werden daher Informationen benötigt, die zeigen, wie konkrete Lösungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf aussehen können.
Die Freischaltung einer Internetplattform, die u.a. Beispiele von Krankenhäusern mit familienfreundlichen Arbeitsbedingungen und Konzepten des lebensphasengerechten Arbeitens aufzeigt, erfolgt Anfang 2011. Hierzu hat das Bundesministerium für Gesundheit ein Projekt gefördert, das durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) koordiniert wird. Die Internetseite wird Ansprechpartner für die Modelle nennen und für weitere Krankenhäuser offen sein, die ihre Projekte zu diesem Thema vorstellen wollen.
Ergänzend dazu haben Krankenhäuser die Möglichkeit, sich kostenlos dem Unternehmensnetzwerk "Erfolgsfaktor Familie" anzuschließen (www.erfolgsfaktor-familie.de). Hierdurch wird ein weiterer Erfahrungsaustausch über gute Konzepte und Initiativen befördert.
Auch der Marburger Bund bietet durch seine Kampagne "Für ein familienfreundliches Krankenhaus" Krankenhäusern sowie Ärztinnen und Ärzten Information, Beratung und ein Netzwerk zur Implementierung familienfreundlicher Strukturen. Hieran beteiligen sich inzwischen 170 Krankenhäuser.
Für den ambulanten Bereich sind unter der Federführung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eine Internetplattform sowie die Erstellung einer Broschüre über den Austausch guter Lösungen in der Erarbeitung. In einer Befragung der KBV von 12.500 Medizinstudierenden im Sommer 2010 wurde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an erster Stelle der Erwartungen an die künftige Berufstätigkeit, gleich in welchem Sektor, genannt. Die ambulante, selbstständige Berufsausübung bietet zwar besondere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleichzeitig existieren jedoch auch Hürden, die in vielen Fällen durch entsprechende Beratung und Unterstützung beseitigt werden können. KBV und BMG werden deshalb gemeinsam im Frühjahr 2011 konkrete Beispiele der gelungenen Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Informationsangebote für selbständige Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter präsentieren.
Die Partner der Bundesmantelverträge werden prüfen, inwieweit die Inhalte der Bundesmantelverträge der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegenstehen.
Es wird darüber hinaus geprüft, inwiefern entsprechender Änderungsbedarf auch bei Regelungen im Bereich der Zulassungsverordnungen besteht.
- Pflege in Alten- und Pflegeeinrichtungen
Die Teilnehmenden des Runden Tisches sind sich der Brisanz der Personalgewinnung in Alten- und Pflegeeinrichtungen bewusst. Als ein erster Vorschlag wurde die Anpassung der bestehenden gesetzlichen Rahmenfristen nach § 71 Abs. 3 SGB XI für die Anforderungen zur Anerkennung der verantwortlichen Pflegekraft in zugelassenen Pflegeeinrichtungen diskutiert. Die Teilnehmenden des Runden Tisches begrüßen eine generelle Verlängerung der Rahmenfrist auf acht Jahre. Weitere Vorschläge werden beraten. Zusätzliche Aspekte und speziell das Thema Fachkräftemangel sowie Nachwuchsgewinnung in der Pflege sind Gegenstand des Dialogforums, zu dem Herr Minister Rösler eingeladen hat.
Die Teilnehmenden des Runden Tisches beabsichtigen ihre Arbeit fortzusetzen und spätestens nach Ablauf eines Jahres über den Stand der Umsetzung der Empfehlungen zu berichten.