Unmittelbar vor den Verhandlungen zum Weltklimaabkommen sollten deshalb nach Gabriels Auffassung mindestens die Regierungschefs der G20-Staaten zusammenkommen. "Es ist ein Fehler, dass sich die G20 praktisch nur auf das Weltfinanzsystem konzentrieren und sich immer nur am Rande in salbungsvollen Reden mit dem Klimathema befassen. Beide Themen haben sehr viel miteinander zu tun. Die G20 müssen endlich beide Themen verbinden und eindeutig entscheiden."
Die mit viel Spannung erwartete Rede des amerikanischen Präsidenten Barack Obama in New York sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Allerdings hat das Sondertreffen in New York deutlich gemacht, dass nicht nur die US-Regierung ihre Klimaschutzziele ausbauen muss. Auch Deutschland hat seine Hausaufgaben noch nicht alle erledigt", betonte Gabriel. Um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, sei vor allem der stärkere Ausbau erneuerbarer Energien notwendig. Bislang will die Bundesregierung von heute 15 Prozent erneuerbarer Energien am Strommarkt bis 2020 auf 30 Prozent kommen. Gabriel: "Zusammen mit anderen Maßnahmen schaffen wir damit nur eine Reduktion der Treibhausgase um etwa 35 Prozent. Wir müssen aber minus 40 Prozent erreichen. Dafür müssen wir den Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 Prozent steigern."
Gabriel kritisierte in diesem Zusammenhang die Pläne von CDU und FDP zur Kürzung der Förderung für erneuerbare Energien. "Wer ausgerechnet kurz vor der Klimakonferenz in Kopenhagen die Axt an den wichtigsten Beitrag zum Klimaschutz legen will, der schießt Deutschland aus seiner Führungsrolle heraus und gefährdet hierzulande Tausende Arbeitsplätze, die gerade in dieser Branche neu entstanden sind", erklärte Gabriel.
"Der amerikanische Präsident war fair genug, offen zu erklären, dass auch die USA noch nicht genug gegen den Klimawandel tun. Man muss Verständnis dafür haben, dass er die Versäumnisse seines Amtsvorgängers nicht binnen kurzer Zeit aufholen kann. Trotzdem wird das Weltklimaabkommen im Dezember in Kopenhagen scheitern, wenn die USA nicht bereit sind, deutlich zu machen, wie sie in den nächsten Jahren im Klimaschutz aufholen wollen", betonte Gabriel.
Wie weit die Staaten noch voneinander entfernt liegen, zeigen Vergleiche zwischen Deutschland und der Europäischen Union und anderen Staaten. Während die EU die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 30 Prozent reduzieren will und Deutschland sogar um 40 Prozent, schaffen die USA bislang nur 6 Prozent. Zwar sei man sich einig, dass bis zum Jahr 2050 mehr als 80 Prozent der weltweiten Emissionen reduziert werden müssen, um das Klima stabil zu halten, sagte Gabriel. "Aber jeder Politiker setzt sich gerne langfristige Ziele, weil dann erst die eigenen Enkelkinder diese Ziele erreichen müssen. Entscheidend ist, ob man mittelfristige Ziele erreicht, die die langfristigen Zielsetzungen überhaupt erst realistisch erscheinen lassen. Und davon sind wir weit entfernt", so Sigmar Gabriel.
Die spannendste Rede, so Gabriel, habe in New York der neue japanische Ministerpräsident gehalten. Erstmals hat die Europäische Union mit Japan jetzt ein Industrieland an ihrer Seite, das ähnlich ambitionierte Ziele im Klimaschutz verfolgt. Japans Ministerpräsident hatte angekündigt, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um 25 Prozent zu verringern. "Jetzt geht es darum, Russland, Australien, Kanada und immer wieder die USA zu ähnlichen Anstrengungen mit ins Boot zu holen und in Deutschland nicht nachzulassen", sagte Gabriel.
Der UN-Generalssekretär Ban Ki Moon hatte zu dem Sondergipfel die Staats- und Regierungschefs eingeladen, um den stockenden Verhandlungen für ein weltweites Klimaabkommen Schwung zu verleihen. Bundesumweltminister Gabriel vertrat in New York die Bundesregierung, da Bundeskanzlerin Angela Merkel während des laufenden Bundestagswahlkampfes ihre Teilnahme abgesagt hatte.