Der BPI fordert, die Diskussion um die Arzneimittelausgaben endlich zu versachlichen und dabei mit validen Zahlen zu argumentieren. So diskutiert der „Arzneiverordnungs-Report 2016“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK im internationalen Preisvergleich Einsparpotentiale auf Basis der Verordnungszahlen von 2015 und Preisen von 2016. Für eine gewissenhafte Aussage muss aber das gleiche Jahr für Vergleiche herangezogen werden. Außerdem werden die Konsequenzen durch die bereits 26 durch das AMNOG verursachten Marktrückzüge ebenso ignoriert wie die Tatsache, dass das AMNOG dazu führt, dass Arzneimittel erst gar nicht mehr im deutschen Markt eingeführt werden. Gerbsch: „Die Minderausgaben werden damit systematisch unterschätzt und die Konsequenzen für die Versorgung verleugnet: Den Patienten werden Therapieoptionen vorenthalten.“
Unter den Tisch kehren die AVR-Autoren auch bei ihrer Zahlen-Interpretation, dass der Anteil der Ausgaben für patentgeschützte Arzneimittel nahezu konstant ist. Laut AVR 2016 lag er im Jahr 2015 bei 45 Prozent des Gesamtmarktes. Das ist genau der Durchschnittswert seit 2001 und geringer als jedes Jahr seit 2007 mit Ausnahme von 2012 und 2014 (Zahlen des AVR). „Von übermäßigem Anstieg also keine Spur “, so Gerbsch.
Fahrlässig, so der BPI, sei der Fakt, dass die Krankenkassen auf dieser Berechnungsgrundlage eine weitere Verschärfung des AMNOG fordern. Und absolut fehl am Platz in dieser Gedankenkette die Kritik an Arzneimitteln für seltene Leiden, so genannter Orphan Drugs. „Hier zu behaupten, dass der Zusatznutzen eines Orphan Drugs nur marginal sei, ist schon fast zynisch.“ Noch immer stehen für die 7000 bis 8000 seltenen Erkrankungen bislang nur um die 120 Orphan Drugs zur Verfügung. Tatsächlich gibt es noch immer für zu viele Patienten mit einer seltenen Erkrankung keine medikamentöse Behandlungsoption, und überproportional häufig sind Kinder von seltenen Erkrankungen betroffen, denen Orphan Drugs ermöglichen, ein besseres Leben zu führen und in manchen Fällen zu überleben.
Gerbsch: „Man muss vielmehr zur Kenntnis nehmen, dass das AMNOG in seiner gegenwärtigen Form, die Ausgestaltung der Rabattverträge und nicht zuletzt das Preismoratorium die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verschlechtern. Hier gilt es anzusetzen. Ein Reformverzicht ist keine Option!“