Die Mängelliste ist aus Sicht der Hersteller lang. So stellt beispielsweise die einseitige Wahl der Vergleichstherapie durch den G-BA die Hersteller weiterhin vor erhebliche Unsicherheiten, und sowohl die Abwägung von Nutzen und Schaden eines neuen Arzneimittels als auch die Berücksichtigung von Patientenpräferenzen bleiben völlig im Dunkeln. Im Verfahren eingereichte Studien werden nur teilweise akzeptiert, stattdessen unangemessene Forderungen erhoben:
Kann es sein, dass die durch ein neues Arzneimittel erreichte, nachgewiesene Virusfreiheit nicht als Zusatznutzen anerkannt wird, weil der Hersteller noch nicht nachweisen kann, dass Jahre später weniger Krebsfälle auftreten werden? So geschehen bei der Bewertung eines neuen Arzneimittels zur Behandlung der Hepatitis C. Hierdurch wird das neue Bewertungssystem ad absurdum geführt und den Patientinnen und Patienten in Deutschland in letzter Konsequenz eine innovative Therapie vorenthalten.
Obwohl stets als "lernendes System" bezeichnet, wird bei der Frühen Nutzenbewertung bewusst in Kauf genommen, dass die Rahmenbedingungen für die Arzneimittel-Hersteller noch immer nicht verlässlich sind. Und dabei war dies ein erklärtes Ziel der Arzneimittelmarktreform von 2011! Die übermächtige Rolle des GKV-Spitzenverbands, der im Stiftungsrat und im Vorstand des IQWiG sitzt, im G-BA über Vergleichstherapie und Nutzenbewertung mit beschließt und am Ende mit dem Hersteller über Rabatte verhandelt, kommt erschwerend hinzu. Gerade die Unsicherheit über Marktbedingungen für Innovationen ist jedoch für forschende Unternehmen unerträglich.
Trotz allem sind bereits 27 Verfahren abgeschlossen, wobei rd. zwei Drittel aller Produkte -zumindest in Teilen - positiv bewertet wurden und pharmazeutische Innovationen somit einen Zusatznutzen haben. Dies darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass Änderungen bei den genannten Problemfeldern notwendig sind, damit medizinischer Fortschritt auch in Zukunft eine Chance haben kann, bei den Patientinnen und Patienten anzukommen.