Die Erforschung seltener Erkrankungen ist oft langwierig und kostspielig. Für die Familien bedeutet das doppelte Belastung. Sie müssen sich nicht nur mit der Tatsache auseinandersetzen, dass ihr Kind nie alt werden wird. Eine zusätzliche Bürde kommt erschwerend hinzu, wenn die Umgebung mit mangelndem Verständnis reagiert. Daneben ist es oft schwer, aufgrund der Seltenheit der Krankheit, Kontakt zu Menschen mit dem gleichen Krankheitsbild aufzunehmen.
„Seit Jahren nehmen wir uns der Problematik an, die Bevölkerung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit seltenen lebensverkürzenden Erkrankungen zu sensibilisieren und Angebote für betroffene Familien, unter anderem durch das OSKAR Sorgentelefon bereitzustellen. Ferner haben wir für weitere Vernetzungsmöglichkeiten, unsere BVKH App entwickelt, welche im letzten Jahr an den Start ging. Gleichbedeutend weisen wir auf die vielfältigen Unterstützungsmöglichkeiten der ambulanten sowie stationären Kinderhospizeinrichtungen hin, um eine bestmögliche Versorgung aufzuzeigen“, betont Franziska Kopitzsch, Geschäftsführerin des Bundesverband Kinderhospiz e. V.
Der Chefarzt des Kinderpalliativzentrums Datteln und Inhaber des Lehrstuhls für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin der Universität Witten/Herdecke Prof. Dr. med. Zernikow führt dazu an: „Nicht alle seltenen Erkrankungen im Kindesalter sind schwerwiegend oder lebensverkürzend, aber nahezu alle lebenslimitierenden Krankheiten bei Kindern sind seltene Erkrankungen. Diese jungen Menschen und ihre Familien profitieren enorm von den Angeboten der Kinderhospizarbeit und pädiatrischen Palliativversorgung, die den Familien möglichst früh im Krankheitsverlauf vorgestellt werden sollten.“
Was genau fehlt für junge Menschen mit schweren seltenen Erkrankungen?
„Aus Kindern und Jugendlichen mit schweren, lebensbedrohlichen seltenen Erkrankungen werden dank der guten Versorgung in Deutschland häufig junge Erwachsene mit schweren seltenen Erkrankungen. Diese jungen Menschen benötigen eine besondere Versorgung und auch entsprechende Wohnangebote. Auf diese Entwicklung ist unsere Gesellschaft bislang nicht gut genug vorbereitet, sodass die jungen Erwachsenen mit schweren seltenen Erkrankungen beim Tod, Erkrankung oder ‚Ausfall‘ ihrer eigenen Eltern, die oft die Hauptversorger sind, im Altenheim landen – auch, wenn die Patient:innen dann erst Mitte 20 sind“, resümiert Prof. Dr. med. Zernikow.
Um einen objektiven Bedarf in Hinblick auf die Versorgungssituation zu ermitteln, setzt sich der BVKH für bundesweite Bedarfsanalysen ein. Diese sollen gesicherte Aussagen über die Versorgung und Unterversorgung treffen. So wäre es auch möglich, die Versorgungssituation betroffener Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener transparent dazulegen.