Die deutsche Landwirtschaft ist so vielfältig wie ihre Bundesländer. - Die Umgehung der Länderkompetenzen in der Gesetzgebung muss beendet werden. Darüber hinaus sind Vertreter aus Wissenschaft und Praxis verstärkt in Arbeitsgruppen einzubinden, um konstruktive und praxistaugliche Lösungsansätze für die Weiterentwicklung der Tierhaltung zu erarbeiten. Hierzu sind Gremien wie z.B. die Borchert-Kommission in vergleichbarer Form wieder einzurichten - der BRS fordert, dass mehr miteinander als übereinander geredet wird!
Damit die Nutztierhaltung in Deutschland auch weiterhin eine Zukunft hat, bedarf es eines tragfähigen Gesamtkonzeptes zur Weiterentwicklung und nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit. Dafür muss die Politik die Weichen stellen:
- Forschung und Entwicklung in den Bereichen Tierzucht, Tiergesundheit, nachhaltige Fütterung und tiergerechte Haltung sind für unsere Gesellschaft von grundlegender Bedeutung, um eine nachhaltige und gesunde Ernährung der Bevölkerung sowie die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Produkte zu sichern. Deshalb müssen die Mittel für das Bundesprogramm Nutztierhaltung wieder aufgestockt werden. Darüber hinaus müssen neue Züchtungstechniken wie das Genome Editing von der Bundesregierung ernst genommen werden, insbesondere im Hinblick auf Freihandelsabkommen wie z.B. Mercosur. Landwirtschaft und Tierhaltung müssen verstärkt in Kindergärten und Schulen vermittelt werden - dazu sind ideologiefreie Unterrichtsmaterialien und Projekte zum Wissenstransfer erforderlich.
- Ankündigungen zum Bürokratieabbau reichen nicht aus, sondern es bedarf konkreter Maßnahmen in der Landwirtschaft, eines Moratoriums für Bürokratie und Auflagen (z.B. `Zollstocktierschutz') sowie verpflichtender Folgenabschätzungen und Praxischecks vor neuen staatlichen Eingriffen. Dazu müssen praxistaugliche und nutzerfreundliche Antragssysteme geschaffen und Berichtspflichten reduziert werden. Dazu gehört eine Mehrwertsteuerpauschale, die die tatsächlichen Vorsteuererträge ausreichend abdeckt, sowie eine steuerfreie Risikorücklage.
- Für die Weiterentwicklung der deutschen Tierhaltung muss ein fachlich und wirtschaftlich tragfähiges Gesamtkonzept erarbeitet und umgesetzt werden. Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz bringt keine Vorteile, sondern bürokratischen Mehraufwand. Die Wirtschaft bietet mit Haltungsform.de bereits seit mehreren Jahren transparente Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher - das Gesetz sollte daher zügig außer Kraft gesetzt werden. Wir sprechen uns stattdessen klar für eine flächendeckende Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung aus.
- Weiterentwicklung des Tierschutzes in Abstimmung mit der Wirtschaft. Die Zuchtverbände der Rinder- und Schweinezucht haben bereits in der Vergangenheit große Anstrengungen unternommen, Gesundheits- und Tierschutzaspekte als Eckpfeiler ihrer Zuchtprogramme zu etablieren und dabei enorme Fortschritte im Sinne des Tierwohls erzielt. Gerade diese Zucht, die aufgrund ihres hohen Organisationsgrades sehr viele tierschutzrelevante Untersuchungen durchführt, wird durch unüberlegte politische Schnellschüsse gefährdet. Generell müssen Entwicklungen im Tierschutz im europäischen Gleichschritt erfolgen; nationale Alleingänge gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tierproduktion.
- Ein grundlegender Kurswechsel in der Wolfspolitik ist dringend erforderlich. Die unkontrollierte Ausbreitung des Wolfes stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Zukunft der Weidetierhaltung in Deutschland dar. Es ist nicht hinnehmbar, die Verantwortung für die damit verbundenen Herausforderungen allein den Weidetierhaltern aufzubürden. Der Schutz der Weidetiere kann nicht allein durch Herdenschutzmaßnahmen gewährleistet werden. Notwendig sind daher sowohl ein konsequentes und schnelles Management bei Wolfsübergriffen als auch präventive Maßnahmen einschließlich einer aktiven Regulierung der Wolfspopulation.
- Einen gesetzeskonformen und korrekt organisierten Tiertransport verstehen wir als tolerierbare Belastung für das Tier. Tiertransporte müssen europaweit einheitlich geregelt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Daher stehen wir klar hinter den Inhalten der bestehenden EU-Tiertransportverordnung. Änderungen dieser Verordnung müssen praxistauglich sein und mit Augenmaß erfolgen. Gleichzeitig fordern wir deren Umsetzung und Kontrolle in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten. Unsere Zuchtverbände setzen sich darüber hinaus für wirtschaftseigene Standards ein, die insbesondere bei Zuchtviehexporten für mehr Transparenz und Rückverfolgbarkeit sorgen. Wir fordern die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf, die Kommunikation mit Drittländern wieder aufzunehmen bzw. zu verbessern und neue Veterinärzertifikate auszuhandeln. Alles andere bedeutet eine Verlagerung des Tierschutzes hinter die deutschen Grenzen, damit ist niemandem geholfen, am wenigsten den Tieren. Der BRS lehnt den Transport von Schlachtvieh in Drittländer ab.
- Im Sinne des Tierschutzes ist eine bundeseinheitliche Tierseuchenbekämpfung Die Blauzungenkrankheit und die Afrikanische Schweinepest sind beispielhafte Tierseuchen, die erhebliches Tierleid und wirtschaftliche Schäden verursachen. Tierseuchen machen nicht an Ländergrenzen halt, daher ist eine koordinierte Bekämpfung notwendig. Für Schweine aus ASP-Restriktionszonen müssen dringend Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten geschaffen werden. Es ist eine Schande, dass das Fleisch von frei getesteten Tieren keine Wertschöpfung / Wertschätzung in ganz Deutschland erfährt. Auf europäischer Ebene ist darauf hinzuwirken, dass die Dauer der Restriktionszonen verkürzt werden kann, wie es bei der Geflügelpest gelungen ist.
- Die Bewertung der Nutztierhaltung und der tierischen Lebensmittel sollte ideologiefrei Fleisch und Milchprodukte sind wichtige Bestandteile einer ausgewogenen Mischkost. Die Nutztierhaltung ist unverzichtbarer Bestandteil landwirtschaftlicher Nährstoffkreisläufe. Die Stigmatisierung wertvoller Lebensmittelgruppen muss aufhören. In Deutschland soll sich jeder so ernähren können, wie es ihm schmeckt.
- Grünlandbetriebe leisten mit ihren Tieren einen unverzichtbaren Beitrag, indem sie die für den Menschen nicht essbare Biomasse von Wiesen und Weiden in hochwertige Lebensmittel und Rohstoffe umwandeln. Gleichzeitig tragen sie zur Erhaltung der Biodiversität bei, schützen Boden und Wasser, pflegen die Kulturlandschaft und erbringen eine Vielzahl gesellschaftlich wertvoller Ökosozialleistungen. Darüber hinaus ist das Grünland eine der wichtigsten CO₂-Senken und damit ein wesentlicher Faktor für den Klimaschutz. Diese Form der Tierhaltung verdient daher Unterstützung, Förderung und Anerkennung.
- Das Bundesprogramm zum Umbau der Tierhaltung bietet einen grundsätzlich soliden Rahmen für die Modernisierung von Tierhaltungsanlagen. Allerdings ist die Nachfrage nach der Förderung bisher überschaubar, insbesondere bei der Förderung der laufenden Mehrkosten. Die Kriterienkataloge müssen daher in Abstimmung mit der Wirtschaft noch einmal überarbeitet werden, damit mehr Tierhalter den Umbau in Angriff nehmen können. Aber nicht nur finanzielle, sondern auch bau- und immissionsschutzrechtliche Hürden behindern die Weiterentwicklung der Betriebe. Die in der letzten Legislaturperiode beschlossene Änderung des Baugesetzbuches geht zwar in die richtige Richtung, ist aber durch die Verzahnung mit dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz zu restriktiv.
- Das Mercosur-Handelsabkommen ist in der vorliegenden Form abzulehnen. Für Importe müssen Standards geschaffen werden, die mit den hiesigen Anforderungen vergleichbar sind.