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Fremdnützige Forschung an Kindern mit geistiger Behinderung verstößt gegen deutsches Recht

Lebenshilfe kritisiert Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage im Bundestag zu MR-NET-Projekt

(lifePR) (Berlin, )
Enttäuscht ist die Bundesvereinigung Lebenshilfe über die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Forschung an Kindern mit sogenannter geistiger Behinderung (BT-Drs. 17/2902). Die Anfrage bezieht sich auf das Projekt des "Deutschen Netzwerks für mentale Retardierung" (MR-NET). Bereits im Juli hatte die Lebenshilfe darauf aufmerksam gemacht, dass es sich hierbei um sogenannte fremdnützige Forschung an nichteinwilligungsfähigen Menschen handele, die in Deutschland verboten sei.

Kinder mit geistiger Behinderung werden körperlich untersucht und fotografiert, ihnen werden Blut- bzw. Gewebeproben entnommen, um bisher unbekannte Veränderungen des Erbmaterials zu finden, die möglicherweise zur Behinderung führen. Die untersuchten Kinder profitieren nicht von den Ergebnissen. "Sie werden benutzt, um Forschung zu ermöglichen. Ihre Eltern stimmen der Blutentnahme und Fotos zu, weil sie den Ärzten vertrauen, weil sie sich Heilung oder Therapie erhoffen", sagt Prof. Dr. med. Jeanne Nicklas-Faust, stellvertretende Bundesvorsitzende der Lebenshilfe. Doch therapeutische Ziele werden mit dem Forschungsvorhaben überhaupt nicht verfolgt.

Wie Bundesforschungsministerin Annette Schavan selbst im Internet zitiert wird, ist fremdnützige Forschung an nichteinwilligungsfähigen Menschen nach deutschem Recht unzulässig und verstößt zudem gegen Artikel 15 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK), die seit März 2009 geltendes Recht ist. Die BRK untersagt medizinische Maßnahmen zu Forschungszwecken ohne freiwillige Zustimmung und verbietet damit eine Forschung an nichteinwilligungsfähigen Menschen. Trotzdem wird das Forschungsvorhaben MR-NET seit 2008 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit vier Millionen Euro unterstützt.

Die Lebenshilfe kritisiert, dass sich die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage nicht inhaltlich mit dem Vorwurf der Widerrechtlichkeit auseinandersetzt. Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort lediglich darauf, dass ein unabhängiges, international besetztes Expertengremium das Projekt des MR-NET zur Förderung empfohlen hatte und ein uneingeschränkt positives Votum der zuständigen Ethikkommission vorlag. Eine eigene Prüfung, ob das Forschungsvorhaben rechtens und tatsächlich förderungswürdig ist, wurde von der Bundesregierung demnach weder vor der Annahme zur Förderung noch anlässlich der Kleinen Anfrage vorgenommen.

Robert Antretter, Bundesvorsitzender der Lebenshilfe, wandte sich daher in einem persönlichen Schreiben erneut an Bundesforschungsministerin Schavan und appelliert an sie, das rechtlich höchst fragwürdige MR-NET-Projekt nicht mehr mit deutschen Steuermitteln zu unterstützen und dem Antrag auf Förderungsverlängerung eine Absage zu erteilen.

Quelle Zitat von Ministerin Schavan auf www.abgeordnetenwatch.de: „Bezüglich der von Ihnen skizzierten Forschung an nichteinwilligungsfähigen Personen bestehen in Deutschland die nachfolgend aufgeführten gesetzlichen Regelungen. Forschung am Menschen erfordert grundsätzlich eine informierte Einwilligung der Teilnehmenden. Bei Menschen, die zu dieser Einwilligung nicht in der Lage sind, können Sorgeberechtigte in eine medizinische Maßnahme einwilligen, die dem Wohl des Nichteinwilligungsfähigen dient. Dient die Forschung nur Interessen Dritter, handelt es sich also um ausschließlich so genannte fremdnützige Forschung, ist eine Einwilligung von Sorgeberechtigten in diese Forschung nach deutscher Rechtslage grundsätzlich nicht möglich. Eine Ausnahme besteht lediglich für den Bereich der Arzneimittelerprobung an Minderjährigen.“
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