Gerade beim Thema Lage und Dauer der Arbeitszeit gehen die Interessen des Unternehmens und der Mitarbeiter regelmäßig weit auseinander. Das Unternehmen wünscht sich weitreichende Handlungsspielräume, Lage und Dauer der Arbeitszeit - auch kurzfristig - den jeweiligen betrieblichen Bedürfnissen anpassen zu können. Die Mitarbeiter wünschen sich Planungssicherheit. Ein vom Bundesarbeitsgericht (BAG) akzeptiertes Flexibilisierungsmodel brachte die jeweiligen Interessen angemessen zusammen, nämlich die Arbeit auf Abruf.
So kann vereinbart werden, dass eine festgelegte Regelarbeitszeit um maximal 25% überschritten werden kann. Alternativ kann auch eine Regelung vereinbart werden, wonach die festgelegte Regelarbeitszeit um maximal 20% unterschritten werden darf. Denkbar ist auch eine Kombination, also einer Schwankungsbreite nach oben und unten, wenn die Prozentangaben entsprechend angepasst werden, z. B. 12,5% Überschreitung und 10% Unterschreitung. Dabei kann entweder eine unveränderbare monatliche Vergütung oder eine Vergütung auf Basis der tatsächlichen Arbeitszeit innerhalb der Bandbreite der Flexibilisierung vereinbart werden.
In dem konkreten Fall hatte sich der Arbeitgeber die Arbeitszeit eines Mitarbeiters von 40 auf 32 Wochenstunden reduziert. Er berief sich dabei auf eine arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeit auf Abruf - Klausel. Der Mitarbeiter war mit einer Arbeitszeitreduzierung und insbesondere der damit einhergehenden Gehaltsreduzierung nicht einverstanden und zog vor das Arbeitsgericht.
Dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg ging die Flexibilität in Fall zu weit. Es setzte der Arbeit auf Abruf gleich auf zwei Ebenen enge Grenzen. Zum einen verlangt das LAG in Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG zur Zulässigkeit von Widerrufsvorbehalten, dass im Arbeitsvertrag bzw. der Vereinbarung über die Abrufarbeit bereits aufgeführt wird, in welchen Fällen von der Ausübung der Arbeit auf Abruf-Klausel Gebrauch gemacht werden darf. Verändert der Arbeitgeber die Arbeitszeit aufgrund einer wirksamen Arbeit auf Abruf-Klausel im konkreten Fall, muss er ferner eine Interessenabwägung vornehmen. Das heißt, das Interesse des Mitarbeiters an einer Verstetigung der Arbeitszeit muss gegen das Flexibilisierungsinteresse des Unternehmens abgewogen werden.
Empfehlung für die Praxis:
Leider hat das LAG die Revision zum BAG nicht zugelassen, obwohl das BAG diese strengen Vorgaben, die nun vom LAG entwickelt wurden, selbst (noch) nicht aufgestellt hat. Für Arbeitgeber besteht Handlungsbedarf, soll eine Arbeit auf Abruf-Möglichkeit auch weiterhin rechtswirksam bestehen. Die verwendeten Klauseln müssen um eine Darstellung ergänzt werden, aus welchen Gründen eine Veränderung der Arbeitszeit erfolgen kann. Regelmäßig werden dies natürlich betriebliche Gründe sein. Es ist jedoch zu empfehlen, diese noch weiter zu spezifizieren - so dies möglich ist. Bei der Ausübung des Anpassungsrechts muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden und dies in einem sich gegebenenfalls anschließenden Rechtsstreit dem Arbeitsgericht auch nachgewiesen werden. Schriftliche Aufzeichnungen sind daher empfehlenswert. Einfacher wird es für Unternehmen durch die Entscheidung des LAG jedenfalls nicht.
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