Die EU-Kommission begründete die Einführung von verpflichtenden Transparenzregeln damit, dass bisher weniger als zehn Prozent der bedeutendsten Gesellschaften in der EU regelmäßig entsprechende Informationen offenlegten. Durch die angenommene Richtlinie seien nun zumindest die größten Unternehmen verpflichtet, sich mit ihrer Verantwortung für die gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Geschäfts zu befassen und über ihre diesbezüglichen Leistungen zu informieren.
Die Berichtspflicht gilt für Unternehmen "des öffentlichen Interesses", worunter insbesondere Banken, Versicherungen und börsennotierte Unternehmen fallen dürften. Konzerne müssen auf der Ebene des Mutterunternehmens berichten. Schätzungen zufolge sind rund 6.000 europäische Unternehmen von der Pflicht zur Veröffentlichung nichtfinanzieller Informationen betroffen. Ursprünglich wollte die EUKommission rund 18.000 Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und/oder mehr als 40 Millionen Euro Umsatz zur Offenlegung verpflichten, doch Deutschland verhinderte dies und trug entscheidend zur Abschwächung des Entwurfes bei. Nun sind lediglich Unternehmen von öffentlichem Interesse und mit über 500 Mitarbeitern verpflichtet, zu Nachhaltigkeitskriterien zu berichten.
Die betroffenen Unternehmen sollen im Rahmen ihres Geschäftsberichts oder in einem gesonderten CSR-Bericht nichtfinanzielle Informationen zu den Themen Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption aufnehmen. Konkret muss die Erklärung eine Beschreibung der Strategie des Unternehmens in Bezug auf diese Belange sowie zu den Folgen des jeweiligen Geschäftsmodells für Umwelt und Gesellschaft umfassen. Zudem sind die Unternehmen verpflichtet, die Kriterien für die Auswahl von Kandidaten für Unternehmensführung und Aufsichtsrat darzulegen und zu begründen. Insbesondere für den Bereich Vielfalt und Chancengleichheit ("Diversity") in den Führungsgremien gibt es konkrete Vorgaben. So müssen Angaben zu Alter, Geschlecht, Ausbildung und beruflichem Hintergrund der Personen in dem Bericht enthalten sein.
Bei der vorgesehenen Berichtspflicht gilt der "comply-or-explain"-Ansatz: Hat ein Unternehmen kein Konzept, muss es dazu Stellung nehmen und außerdem erläutern können, warum bestimmte Nachhaltigkeitskriterien in seinem Fall nicht relevant sind.
Einigen Nichtregierungsorganisationen geht die Richtlinie nicht weit genug. Sie kritisieren, dass diese keine klaren Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen enthalte.
Empfehlung für die Praxis:
Die Mitgliedstaaten der EU müssen im ersten Jahr nach Ablauf der Umsetzungsfrist, also voraussichtlich im Geschäftsjahr 2017, die Berichtspflichten verbindlich anordnen. Bis dahin ist es Großunternehmen zu empfehlen, Konzepte zur Korruptionsbekämpfung sowie Diversitätsstrategien zu planen und einzuführen bzw. bestehende Konzepte auf ihre Effektivität zu prüfen. Dabei ist die konkrete Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht im Auge zu behalten, die in jedem Fall zusätzliche Belastungen und erhöhten Aufwand durch die Berichtspflicht mit sich bringen wird. Hierauf gilt es sich rechtzeitig einzustellen, wobei kleine und mittlere Unternehmen von den Vorgaben verschont bleiben dürften, da die Richtlinie ausdrücklich "Unternehmen von öffentlichem Interesse" im Visier hat.
Autorin:
Rechtsanwältin
Dr. Dagmar Waldzus
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