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Compliance für Unternehmen: Whistleblowing in beendetem Arbeitsverhältnis

Kein Unterlassungsanspruch des ehemaligen Arbeitgebers (ArbG Berlin, Urt. v. 02.09.2014 – 31 Ga 11742/14)

(lifePR) (Essen, )
Allzu mitteilungsfreudigen Arbeitnehmern können Arbeitgeber oftmals nur mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses begegnen. Unter dem Stichwort "Whistleblowing" geht es in den diesbezüglichen Kündigungsschutzprozessen um zwei Kernfragen: Welche Aussagen sind noch von der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers gedeckt? Und: Durfte sich der Arbeitnehmer unmittelbar an externe Stellen (Behörden/Medien) wenden? Die Rechtsprechung hat dazu den folgenden Grundsatz entwickelt: Der Arbeitnehmer muss in jedem Fall zunächst versuchen, innerbetrieblich eine Beseitigung von Missständen - z.B. durch Mitteilung an den Vorgesetzten/Geschäftsführer - zu erreichen. Erst wenn dies nicht zum Erfolg führt oder offensichtlich zwecklos wäre, darf sich der Arbeitnehmer an externe Stellen wenden (damit befassen sich bspw. die arbeitsrechtlichen Newsletter von Buse Heberer Fromm zum 4. Quartal 2011 und 1. Quartal 2013).

Das Arbeitsgericht Berlin hatte nicht über eine Kündigung, sondern einen Unterlassungsanspruch eines Krankentransportunternehmens gegen seinen ehemaligen Arbeitnehmer (Fahrer) zu entscheiden. Nachdem die Kündigung schon ausgesprochen war, äußerte sich der Arbeitnehmer in einem TV-Beitrag negativ über seinen (ehemaligen) Arbeitgeber. Und zwar mit Aussagen, die für "Whistleblowing-Fälle" typisch sind ("unmöglich gewesen, sich um Hygiene in den Autos zu kümmern", "Missstände gab es seit Tätigkeitsbeginn"). Der Arbeitnehmer hatte zuvor keine innerbetriebliche Klärung versucht. Er bestritt auch, in dem TV-Beitrag von einem dahingehenden erfolglosen Versuch gesprochen zu haben.

Das Arbeitsgericht wies den Unterlassungsantrag des Arbeitgebers ab. Sämtliche Aussagen, so das Arbeitsgericht, seien als reine Werturteile von der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 5 Abs. 1 GG erfasst - selbst bei scharfer oder übersteigerter Formulierung. Der Arbeitgeber müsse zudem darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer die angegriffenen Aussagen tatsächlich getroffen hat. Unbedeutend war nach Auffassung des Arbeitsgerichts, ob der Arbeitnehmer zuvor den innerbetrieblichen Weg beschritten hatte oder nicht. Denn die zum Whistleblowing entwickelten arbeitsrechtsspezifischen Besonderheiten sollen für Aussagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gelten. Maßstab ist allein die Meinungsfreiheit.

Empfehlung für die Praxis:

Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin ist das Argument, der Arbeitnehmer hätte Missstände zuerst intern anprangern müssen, ein stumpfes Schwert, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist. Selbst bei einer erfolgreichen Kündigung sind dem Arbeitgeber damit im Hinblick auf das "Nachsetzen" des Arbeitnehmers die Hände gebunden. Im Kündigungsschutzverfahren kann deshalb ein Beendigungsvergleich selbst bei guten Erfolgsaussichten der Kündigung vorzugswürdig sein. Denn hier bieten sich durch die Festlegung von Verschwiegenheitspflichten in Kombination mit Rücktrittsrecht oder Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung Gestaltungsmöglichkeiten. Obwohl der weite Anwendungsbereich der Meinungsfreiheit nicht jede Gestaltung zulässt, entfalten solche Regelungen oftmals hinreichend abschreckende Wirkung gegenüber mitteilungsfreudigen Arbeitnehmern.

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