Entstanden über viele Jahrhunderte hinweg, verbreiten die reizvollen Fassaden der auf kleinstem Raum gebauten Häuser und engen Gassen ein unverwechselbares pittoreskes Flair. Der Schnoor beherbergt unter seinen meist spitzen Dächern viele Kunsthandwerksbetriebe, Galerien, Antiquitätengeschäfte und kleine Museen. Motorisierten Verkehr lässt er nicht zu. Zum Schutz der erhaltenswerten Bausubstanz wurde im Februar 1959 ein Ortsstatut beschlossen, in dem unter anderem postuliert ist: "Alle in diesem Gebiet zu errichtenden, zu verändernden und zu ergänzenden Bauwerke haben sich in Maßstab und Baustoffen ihrer Umgebung so einzufügen, dass sie das Ortsbild nicht beeinflussen." Das Schnoorensemble in seiner Gesamtheit und eine Vielzahl von Einzelgebäude sind unter Denkmalschutz gestellt.
Dort, wo die Besucher vom Markt kommend, in das Schnoorviertel einbiegen, steht ein Gebäude aus den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Es nimmt den Platz eines backsteinernen Kornspeichers ein, der im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und in der Nachkriegszeit abgerissen wurde. Das langgestreckte dreigeschossige Wohn- und Geschäftshaus mit ausgebautem Dachgeschoss ist Eigentum des Katholische Gemeindeverbandes Bremen und Bestandteil des Schnoorensembles. Während das Erdgeschoss Geschäften vorbehalten ist, befinden sich in den Obergeschossen Wohnungen.
Ganzheitliches Sanierungskonzept
Zur Entstehungszeit des Gebäudes spielten energetische Aspekte in der Gedankenwelt der Architekten und Planer eine untergeordnete Rolle, was im konkreten Falle bedeutete, das in das 24er Kalksandstein-Außenmauerwerk einfach verglaste Fenster eingelassen wurden, die im Lauf der Jahre der Wärme immer weniger Paroli boten. Dank des guten Zustandes der übrigen Bausubstanz und angesichts niedriger Energiepreise ließen sich die Mieter davon zunächst nicht beeindrucken. Doch die Zeiten änderten sich, und die Bewohner klagten zunehmend über undichte und nicht mehr zeitgemäße Fenster. Das bewog die Bauleitung des Katholischen Gemeindeverbandes, das Konzept für eine ganzheitliche Sanierung des Gebäudes zu entwerfen, die sowohl den Austausch der Fenster und eine nachträgliche Außenwanddämmung als auch die Neugestaltung der Bäder und Treppenhäuser umfassen sollte. "Allein der Austausch der Fenster ", begründete Bauexperte Fritz-Ludwig Hampe vom Kirchenamt die Notwendigkeit der zusätzlichen Wärmedämmung, "hätte uns angesichts höherer Feuchtigkeitsbelastung durch die Bäder binnen kurzer Zeit den Schimmel im Haus gebracht". Die zur Vermeidung der Schimmelbildung notwendige Stoßlüftung treffe bei den Mietern auf wenig Gegenliebe. Mit der Ertüchtigung der Außendämmung werde Kondensatbildung von vornherein vermieden.
Konstruktive Zusammenarbeit mit Denkmalpflege
Die geplanten Baumaßnahmen brauchten nicht nur den Segen der Kirchenleitung, sondern auch die Zustimmung des Landesamtes für Denkmalpflege. Bei dem Gebäude in der Kolpingstraße handelte es sich zwar nicht um ein in der Denkmalliste erfasstes Einzeldenkmal, es gehört aber zum denkmalgeschützten Ensemble des Schnoorviertels. Gudrun Spengler vom Bremer Denkmalpflegeamt resümierte, dass sie in ihrer langjährigen Praxis zum ersten Mal vor einer solchen Entscheidung stand. "Wir gehen davon aus", so die Denkmalschützerin, "dass bei einem Einzeldenkmal im Falle einer Fassadendämmung der Verlust an Denkmalsubstanz unvertretbar groß ist." Dagegen sei die Sanierung eines Gebäudes, das Bestandteil eines Flächendenkmales ist, nach Abwägung aller Für und Wider genehmigungsfähig.
Die wichtigste Forderung des Denkmalamtes war, das ursprüngliche Erscheinungsbild des Gebäudes nach der Sanierung wiederherzustellen. So mussten von Profilen, Gesimsen, Konsolen und Fensteranschlüssen Detailanzeichnungen angefertigt werden, die als Vorlage für die in die Fassade einzuarbeitenden Nachbildungen dienten. Beschlossen wurde das Anbringen eines ursprünglich zu einem anderen Gebäude gehörigen Frieses aus dem Jahre 1862 an der Giebelseite. Besonderen Wert legte die Denkmalpflege im Interesse der Stimmigkeit des Ensembles auf die weitgehende Annäherung des Neuputzes an die ursprünglich vorhandene Putzstruktur. Nach Einigung in diesen und allen anderen angesprochenen Fragen stimmte das Landesdenkmalamt dem Sanierungsvorhaben zu.
Die Realisierung des Projektes bildete zugleich den Auftakt für die Umsetzung des Energiesparprogramms des Katholischen Bistums Osnabrück, das auf der Grundlage der Untersuchung des gesamten Gebäudestandes und den daraus abzuleitenden Maßnahmen einen Beitrag zum Schutz der Umwelt und zur Entlastung des Kostenbudgets leisten will.
Vor den Augen der Öffentlichkeit
In der Ausschreibung erhielt die Firma HP Meyer den Zuschlag, die sich in Bremen seit 40 Jahren erfolgreich auf dem Markt behauptet, für den Bauherren schon mehrfach tätig war und bei der Suche nach der besten Lösung oft als Ratgeber Miklos Szöllösi von Caparol hinzuzieht. "Das Zeitfenster, das uns eingeräumt wurde", erläuterte Malermeister Jörn Wittrock, einer der drei Geschäftsführer, "war eng, zumal wir den Dachdeckern den Vortritt lassen mussten." Zum Einsatz kam ein klassisches Capatect-Wärmedämm-Verbundsystem mit einer Dämmstärke von 100 mm. Es wurde aufgebracht, nachdem sämtliche an der Fassade befindlichen Elemente abgenommen und vermessen worden waren. Wittrock hatte angesichts guter Erfahrungen mit Caparol-Produkten als Alternativangebot zur Ausschreibung die Verwendung von Capapor-Fassadenprofilen mit ihrer offenporigen, dem Naturstein nahekommenden Oberfläche empfohlen. Sie sind echte Leichtgewichte und können nach Bedarf in der gewünschten Form hergestellt werden. Unter anderem wurden 80 Fensterbankprofile unterschiedlicher Abmessungen und rund 40 Meter Gesimse angefertigt und an der Fassade angebracht.
Erwartungsgemäß erwies sich die weitgehend originalgetreue Herstellung der Putzstruktur als schwierige Aufgabe. "Dafür konnten wir nichts X-Beliebiges nehmen", berichtet der Verarbeiter, "sondern brauchten einen Putz, der in Körnung und Zuschlagstoffanteil ganz nahe am Original war." In Abstimmung mit der Caparol-Technik fiel die Wahl auf den geschmeidigen Allroundmörtel für Fassaden Capatect-ArmaReno 700, dessen gute Strukturierbarkeit der Malermeister besonders lobt.
Als Problem von nicht zu unterschätzender Tragweite stellte sich die Enge des am Rande des Schnoorviertels zur Verfügung stehenden Raums heraus, die den Einsatz von Technik so gut wie unmöglich machte. Lagerkapazität war rar und die Neugier der Touristen groß, so dass es logistischer Perfektion in der Zusammenarbeit von Hersteller und Verarbeiter bedurfte, um das Sanierungsvorhaben termingerecht zum Abschluss zu bringen. Mit dem Ergebnis ist neben dem Auftraggeber auch das Bremer Denkmalamt zufrieden, dem Bauherr und Verarbeiter eine konstruktive und kooperative Haltung bescheinigen.