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Zwei Jahre Bürgergeld: Sozialreform weiterhin mit Vorurteilen belastet

Die vier kirchlichen Wohlfahrtsverbände fordern ausreichende Finanzmittel und ein Ende der Stigmatisierung, sehen aber auch gute Ansätze

(lifePR) (Freiburg/Karlsruhe/Stuttgart, )
Knapp zwei Jahre nach Inkrafttreten des Bürgergeld-Gesetzes ziehen Diakonie und Caritas in Baden-Württemberg ein gemischtes Resümee: „Wir kritisieren die anhaltende stigmatisierende Diskussion rund um das Bürgergeld und fehlende Gelder zur flächendeckenden Umsetzung guter Ansätze“, betonen die Vorstände der vier kirchlichen Wohlfahrtsverbände (4 KWV). Am 1. Januar 2023 hatte das Bürgergeld-Gesetz das Arbeitslosengeld II abgelöst. Mit der Reform wurden wichtige Verfahren und Instrumente angepasst und neu eingeführt, um Menschen dabei zu helfen, wieder dauerhaft eine Arbeit zu finden.

Das Bürgergeld sei in seiner Grundidee Ausdruck verbesserter Sozial- und Arbeitsmarktpolitik gewesen, aber es fehle Jobcentern an Geldern zur offensiven und flächendeckenden Umsetzung. Damit bleibe die Gesetzesreform im Ansatz stecken und könne ihre positiven Effekte nicht entfalten. Insbesondere melden Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger bei kirchlichen Beratungsstellen eine schlechte Erreichbarkeit der Jobcenter und zu wenig verständliche Beratung. Da es im Bereich des Bürgergeldes immer um existenzielle Fragen gehe, sei eine schnelle und niederschwellige Beratung zwingend erforderlich. Caritas und Diakonie werben daher in Richtung einer neuen Bundesregierung für eine angemessene finanzielle Ausstattung der Jobcenter, damit unterstützende Angebote zur Beratung, Beschäftigung und Qualifizierung in den betreffenden Einrichtungen umgesetzt und ausgebaut werden können.

Wohlfahrtsverbände fordern Versachlichung der Debatte

Die Sozialreform wurde von Beginn an politisch angefochten, Regelsätze als zu hoch empfunden. Menschen, die vom Bürgergeld leben müssen, werden in politischen und gesellschaftlichen Debatten in unangemessener Art und Weise diffamiert, beobachten die kirchlichen Wohlfahrtsverbände. Sie werben für eine Versachlichung der Debatte. Nur sehr wenige Menschen bezögen unrechtmäßig Leistungen, diese würden sanktioniert. Die verschärfte Sanktionspraxis hingegen missachte und verschärfe die realen Problemlagen der Leistungsberechtigten, kritisieren Caritas und Diakonie.

Grundlegend ins Positive verändert hat sich aus Sicht der kirchlichen Wohlfahrtsverbände mit der Reform das Verständnis des Gesetzgebers dafür, dass Menschen, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, intensive Unterstützung und flankierende soziale Angebote brauchen, um sich aus ihrer oft lang andauernden Arbeitslosigkeit zu befreien. Dafür wird ein umfassendes Beratungs- und Begleitungsangebot für die ganze Familie benötigt. Oft müssten erst Kinderbetreuung oder die Pflege Angehöriger und andere persönliche Problemlagen bearbeitet werden, bevor eine Rückkehr in ein Arbeitsverhältnis erfolgsversprechend sei. Inzwischen habe sich die allgemeine Debatte um das Bürgergeld wieder vom Verständnis für diese komplexen Situationen entfernt, bedauern die Wohlfahrtsverbände. Sie appellieren an die Politik, sich auf die Grundidee der Bürgergeldreform zurückzubesinnen.

Bei Beschäftigungsgesellschaften der Caritas und Diakonie können langzeitarbeitslose Menschen für fünf Jahre in geschütztem Rahmen, aber dennoch arbeitsmarktnah, beschäftigt werden. In diesem Zeitraum können sie sich stabilisieren und auf eine Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten. Auch wird im Bürgergeld-Gesetz als neuer Schwerpunkt die berufliche Weiterbildung gestärkt. Hilfskräfte ohne Perspektive auf ein ausreichendes Einkommen können zu Fachkräften geschult werden. Bei erfolgreicher Vermittlung können Menschen im neuen Arbeitsverhältnis weiter begleitet werden, so dass die erste schwierige Zeit im neuen Job bewältigt und die Probezeit überstanden wird. Für die kirchlichen Wohlfahrtsverbände sind dies gute Ansätze.

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