Kommen Männer seelisch aus dem Gleichgewicht, wie etwa bei Depressionen, fällt ihnen der Gang zum Therapeuten häufig besonders schwer. Gesellschaftliche Leitbilder verhindern in vielen Fällen eine frühzeitige Behandlung. Für viele Betroffene ist ihr Selbstbild als Mann, als Ernährer, Beschützer und Leistungserbringer unvereinbar mit dem Eingeständnis, Schwäche zu zeigen. Erleichternd für eine wirksame Therapie ist es, wenn Es frühzeitig gelingt, sich selbst die Notwendigkeit einer Behandlung einzugestehen. Doch auch Außenstehende müssen einige Besonderheiten beachten: Gerade in den Anfangsstadien einer Depression verhalten sich Männer meist weniger typisch als Frauen. Männer reagieren weniger mit trauriger Stimmung sondern eher mit noch höheren Leistungsansprüchen an sich selbst, mit Aggressionen, Verschlossenheit, Schlafstörungen, sexuellen Problemen oder Suchtmittelmissbrauch. Die Tendenz zum aggressiven Handeln bezeugt auch die Anzahl der Suizide, die beim „starken Geschlecht“ dreimal so hoch ist. Auch für Männer heißt es also: Bei einer Depression ist Handeln angesagt!
Mit der Wahl der Therapieform kann Männern eine Behandlung wesentlich erleichtert werden. Warum erklärt Dr. med. Thomas Bolm, Chefarzt von MentaCare, dem neuen Zentrum für psychische Gesundheit in Stuttgart: „Für Männer bedeutet eine Psychotherapie häufig eine ernstzunehmende Überwindung, denn hier können sie es häufig das erste mal seit Langem nicht mehr umgehen, ihre Probleme offen zu legen. Anfangs fällt es vielen Betroffenen leichter, den Therapieeinstieg in Form einer Kompetenz- und Wissensvermittlung anzunehmen, wie zum Beispiel durch Information zum Thema Burnout. Im Einzelgespräch können sich Männer anfangs leichter als in einer Gruppe öffnen und erste ermutigende Erfahrungen machen. Dann kann einem eine wahre Last von den Schultern fallen, wenn man das Schweigen bricht und sich in einem geschützten Rahmen einem Experten anvertraut.“
Hingegen können Gruppenpsychotherapie und sinnesbetonte Herangehensweisen wie Kunst- oder Körpertherapie in der Anfangsphase einer Therapie bei Männern häufig Unverständnis hervorrufen. Doch umso wichtiger erleben viele Männer im Behandlungsverlauf die Erfahrungen mit diesen Methoden, weil sie sich von einer ganz anderen, oft bislang unbekannten Seite ihrer Persönlichkeit kennenlernen. „Für viele Männer ist die Erfahrung neu, sich über Gefühle und Beziehungen mit anderen auszutauschen“, erklärt Dr. Bolm. „Gerade für Menschen mit zwischenmenschlichen Problemen oder mit der Neigung, zuviel mit sich selbst auszumachen, kann Gruppenpsychotherapie effektiver sein als Einzelbehandlung. In diesem Setting kann man erfahren, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist. Und man kann in einem geschützten Rahmen Neues ausprobieren.“
FAZIT:
Auch bei Männern sind Depressionen in den meisten Fällen gut zu behandeln. Die Wahl der passenden Therapieform zur rechten Zeit ist für den guten Einstieg in die Therapie und damit für deren Erfolg ein ausschlaggebendes Kriterium.