„Die Therapiemöglichkeiten in der Neurologie sind in den letzten Jahren weiter stark gewachsen. Bei der Schlaganfallbehandlung sind die Fortschritte offensichtlich und greifbar“, erklärt Prof. Dr. med. Sommer, Chefarzt der Klinik für Neurologie mit Stroke Unit, Neurophysiologie, Frührehabilitation und Schlafmedizin. „Bei manchen anderen neurologischen Erkrankungen muss auch die Frage erlaubt sein, ob mehr Medikamente auch eine bessere Therapie bedeuten. Bei unserem Symposium berichten namhafte Referenten über neueste Entwicklungen.“
Im internationalen Diagnosenschlüssel ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden Schlaganfälle in der Gruppe der neurologischen Erkrankungen erscheinen. Bislang wurden sie als Herz-Kreislauf-Erkrankungen kodiert. An der 11. Revision des ICD wird seit 2009 gearbeitet.
Zwei Therapiewege für Schlaganfälle
In den letzten 20 Jahren gab es große Fortschritte in der Behandlung von neurologischen Erkrankungen. Für die Akutbehandlung eines Schlaganfalls gibt es seit dem Jahr 2000 die Möglichkeit einer „gerinnselauflösenden“ Therapie, die sogenannte intravenöse Lysetherapie. Seit 2015 ist nachgewiesen, dass bei großen Gefäßverschlüssen - wodurch die Patienten besonders schwer betroffen sind - auch über einen Katheter das Blutgerinnsel aus der Arterie entfernt werden kann. Dieser Katheter wird über die Leiste eines Menschen bis ins Gehirn geführt. Das Verfahren nennt sich „mechanische Thrombektomie“. Beide Therapien werden im Klinikum Christophsbad vorgehalten und regelmäßig angewandt.
Hirn-Katheter kommen häufiger zum Einsatz
„Wir behandeln etwa 150 der knapp 1.000 Schlaganfallpatienten pro Jahr mit einer Lyse-Therapie. Bemerkenswert ist aber, dass die Zahl der Patienten, bei denen die neue Therapie mit Hirn-Katheter zum Einsatz kommt, stetig steigt“, sagt Prof. Dr. med. Bernd Tomandl, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie. „Waren dies in den Jahren 2015 und 2016 noch 32 bzw. 44 Patienten, stieg diese Zahl im Jahr 2018 auf 64 und wird in diesem Jahr - auch durch die Einbindung des Klinikums Christophsbad in das neurovaskuläre Netzwerk Ostwürttemberg - wahrscheinlich mehr als 100 betragen.“
Die jetzt noch intensiveren und verbesserten Therapien zeigen die bessere Logistik, die frühere Aufmerksamkeit der Betroffenen und des Rettungspersonals. Es zeigt sich aber auch, dass die Abläufe innerhalb der Klinik immer reibungsloser funktionieren und das Personal auch mit den neuesten Therapiemöglichkeiten geschult und routiniert ist.
Symposium für Fachpublikum - Vortragsabend und Infobus für Bürger
Am Samstag, dem 6. April 2019, findet im Klinikum Christophsbad eine Fachtagung zu aktuellen Themen der neurologischen Versorgung unter der Leitung von Prof. Dr. Norbert Sommerstatt, ausdrücklich ohne Unterstützung der Pharmaindustrie. Göppinger Bürgerinnen und Bürger haben bei einem Vortragsabend am 10. Mai 2019, anlässlich des Tages gegen den Schlaganfall sowie am Freitag, dem 12. Juli 2019, beim „Schlaganfallbus" auf den Marktplatz Gelegenheit, sich über das Krankheitsbild zu informieren.
Neurologisches Symposium für Fachpublikum
Samstag, 6. April 2019, 9 bis 14 Uhr
Klinikum Christophsbad, Herrensaal (Haus 11, Ebene 1), Faurndauer Straße 6-28, 73035 Göppingen
Für die Veranstaltung wurden 4 CME-Fortbildungspunkte beantragt.
Der Eintritt ist frei.
Pressevertreter sind herzlich eingeladen.
Programm
9.00 Uhr Begrüßung: Prof. Dr. med. Norbert Sommer
9.10 Uhr Schlaganfall — Ist die mechanische Thrombektomie eine Revolution?
Prof. Dr. med. Bernd Tomandl, Klinik für Radiologie und Neuroradiologie, Klinikum Christophsbad
9.45 Uhr Kopfschmerz — Sind die neuen Migränemedikamente wirklich hilfreich?
Prof. Dr. med. Karsten Schepelmann, Neurologisches Zentrum, Kiel
10.20 Uhr Polyneuropathien — Manche sind heilbar, langweilig sind sie nie.
Prof. Dr. med. Björn Tackenberg, Klinik für Neurologie, Marburg
10.55 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr Demenz — ist „heilbar“?!
Prof. Dr. med. Richard Dodel, Lehrstuhl für Geriatrie, Universität Duisburg-Essen
12.05 Uhr Parkinson - Parkinson-Krankheit und Atypische Parkinson-Syndrome: Was hilft symptomatisch und was hilft ursächlich?
Prof. Dr. med. Carsten Möller, Neurozentrum Bellevue, Zürich
12.40 Uhr Multiple Sklerose — Werden wir mit neuen Medikamenten überhäuft?
Prof. Dr. med. Andreas Steinbrecher, Klinik für Neurologie, Helios Klinikum, Erfurt
Gegen 13.15 Uhr Abschluss mit Imbiss
Stroke Units in Deutschland & Neurovaskuläre Netzwerke
Deutschland verfügt über ausgezeichnete Versorgungsstrukturen zur Akutbehandlung des Schlaganfalls. Aktuell stehen bundesweit 309 von der Deutschen Schlaganfallgesellschaft zertifizierte Stroke Units (SU) zur Verfügung. Es werden zwei Versorgungsstufen unterschieden: die regionalen SU (aktuell 186 Einrichtungen) und die überregionalen SU (aktuell 111 Einrichtungen) sowie telemedizinisch vernetzte SU (aktuell 12 Einrichtungen). Seit 2012 erfolgt die Zertifizierung überregionaler SU nur dann, wenn mindestens zwei Neuro-Interventionalisten vor Ort sind, die die Thrombektomie anbieten können. Eine strukturelle Weiterentwicklung des Systems sind die Neurovaskulären Netzwerke (NVN), die sich aktuell in der Pilotphase befinden. Bei den NVN werden überregionale Stroke Units mit einem Zentrum verknüpft, das über neurochirurgische und gefäßchirurgische Kompetenzen verfügt. Aufgabe der NVN ist die Behandlung sehr komplexer neurovaskulärer Erkrankungen.