Die Ergebnisse von vier speziellen Schlaganfallstudien zeigen klar, dass Schlaganfall-Patienten von der Katheterintervention nachhaltig profitieren können. Zum Wohl der Betroffenen sollte folglich bei jedem Schlaganfall geprüft werden, ob dieses Verfahren anzuwenden ist. Bei bis zu zehn Prozent aller Schlaganfallpatienten kommt eine Katheterintervention in Frage.
Die aktuelle örtliche Schlaganfall-Versorgung ermöglicht das Thrombektomie-Verfahren mittels Katheter aber noch nicht flächendeckend. „Beherrscht wird diese Technik – das Blutgerinnsel wird mit einem sogenannten Stentretriever über einen Mikro-Katheter von der Leiste aus über die Haupt- und Halsschlagader herausgezogen – in Deutschland allerdings nur von wenigen Neuroradiologen an den großen Schlaganfallzentren. Derzeit gibt es nicht genügend Neuroradiologen für eine flächendeckende Notfallversorgung in Deutschland“, so Professor Cornelius Weiller, Direktor der neurologischen Universitätsklinik Freiburg.[1] Die wissenschaftlichen Schlaganfall-Fachgesellschaften in Deutschland, die DGN, DGS und DGNR, fordern, dass angesichts der neuen Erkenntnisse die Versorgungsstrukturen der Schlaganfallakutbehandlung optimiert werden müssen. „In den nächsten Monaten muss die Zuweisung aller für die Katheterbehandlung in Frage kommenden Patienten in die Neurozentren verbessert werden. Die von der DSG bereits initiierten Neurovaskulären Netzwerke, der Zusammenschluss mehrere Kliniken mit einem Neurozentrum, bietet die optimale Versorgungsstruktur,“ erklärt Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Essen und Pressesprecher der DSG. [2]
Professor Norbert Sommer, neurologischer Chefarzt vom Klinikum Christophsbad in Göppingen, schließt sich dieser Haltung absolut an: „Ziel muss sein, dass möglichst viele Patienten von den vorhandenen Stroke Units mit der Möglichkeit zur Thrombektomie und der dazu notwendigen Diagnostik profitieren, um ihnen ein Leben ohne oder mit möglichst wenigen Handicaps zu ermöglichen.“ Dazu müsste das momentane dreigliedrige und nach diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten gestufte System von lokalen, regionalen und überregionalen Schlaganfall-Einheiten überdacht werden. „Es darf nicht sein, dass gerade Schwerbetroffenen die Thrombektomie verwehrt wird, nur weil sie im Einzugsgebiet eines Krankenhauses ohne entsprechende Möglichkeiten wohnen, während Patienten in Ulm, Göppingen oder Tübingen eine Thrombektomie erhalten können! Das Verfahren kann schließlich vor einer lebenslangen Behinderung bewahren.“
Da es derzeit nur wenige spezialisierte Neuroradiologen gibt, die die Methode beherrschen, und die Ausbildung viele Jahre erfordert, wird eine flächendeckende Versorgung erst langfristig möglich sein. Bis dahin kann insbesondere bei der Indikationsstellung die technische Bildübertragung zu den jeweiligen Zentren und ihren Spezialisten Verbesserung bringen. „Bei entsprechender Indikation müssen die Patienten dann in die großen Zentren gebracht werden und zwar schnell, denn zwischen Beginn der Thrombolyse – der medikamentösen Auflösung des Verschlusses – und Beginn der Katheterintervention sollten nicht mehr als zwei Stunden vergehen“, erklärt Sommer.
Bernhard Wehde, Geschäftsführer des Klinikums Christophsbad, sieht das Sozialministerium als Planungsbehörde am Zug: „Das Sozialministerium muss als erstes die entsprechenden Zentren benennen und seine steuernde Funktion wahrnehmen. Es sollte zusammen mit den Krankenkassen und den vorhandenen Schlaganfall-Zentren schnellstmöglich Entscheidungen treffen.“ Die Rettungsdienste und Notärzte sollten dann angehalten sein, die Patienten entsprechend zuzuweisen. „Nach der kritischen Behandlungsphase in den Zentren mit Thrombektomie-Möglichkeit können Patienten dann auch in das lokale Krankenhaus zurückverlegt werden, soweit ein längerer Aufenthalt notwendig ist. Die Steuerung und Zentrumsbildung ist zugleich qualitativ, therapeutisch und ökonomisch sinnvoll.“
[1]Zitiert nach facharzt.de: http://www.hippokranet.com/de/search?q=KOnzept+der+akuten+Schlaganfall-Vesorgung&do=Suche+starten&a=&tr=1
[2] Zitiert nach der gemeinsamen PM von DSG, DGNR und DGN: http://www.dsg-info.de/presse/pressemeldungen/2-nachrichten/allgemeine-nachrichten/428-komplexe-schlaganfalltherapie-mit-grossem-nutzen.html