Online-Glücksspiel war laut Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland bis zum 1. Juli 2021 bis auf wenige Ausnahmen verboten. Das Verbot umfasste nicht nur das Spielen selbst, sondern auch das Angebot von Online-Glücksspiel. Viele Veranstalter haben sich an das Verbot jedoch nicht gehalten und auf deutschsprachigen Webseiten den Zutritt zum Online-Casino ermöglicht. „Dadurch haben sie gegen das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen und daher auch keinen Anspruch auf die Einsätze der Spieler. Die Spieler können ihre Verluste zurückverlangen“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.
In dem Verfahren vor dem OLG Hamm hatte der Spieler zwischen Januar 2017 und November 2019 an Online-Glücksspielen des Anbieters Tipico Games Ltd. von seinem Wohnsitz in Deutschland aus teilgenommen und viel Geld verloren. Mehr als 292.000 Euro hatte er in knapp drei Jahren verspielt. Das Geld forderte er nun zurück, da die Spielverträge aufgrund des Verstoßes gegen das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrags nichtig und die Zahlungen somit ohne Rechtsgrund erfolgt seien, so der nach eigenen Angaben spielsüchtige Kläger.
Um seinen Anspruch gerichtlich durchzusetzen, stellte der Kläger einen Antrag auf Prozesskostenhilfe, den das Landgericht Bochum in erster Instanz ablehnte. Das Gericht bejahte zwar grundsätzlich den Rückzahlungsanspruch. Allerdings habe der Kläger über fast drei Jahre im Bewusstsein der Gewinn- und Verlustmöglichkeiten an dem Online-Glücksspiel teilgenommen. Die Rückforderung der Verluste unter Berufung auf das Glücksspiel-Verbot sei daher rechtsmissbräuchlich.
Das sah das OLG Hamm jedoch anders und gewährte den Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Das OLG Hamm bestätigte zudem die erstinstanzliche Einschätzung, dass der Spieler einen Anspruch auf Rückzahlung habe, da die Zahlung der Einsätze ohne rechtlichen Grund erfolgt sei. Denn der Vertrag über die Teilnahme am Online-Glücksspiel sei aufgrund des Verbots aus dem Glücksspielstaatsvertrag nichtig.
Dass der Spieler selbst gegen das Glücksspielverbot verstoßen habe, stehe dem Rückforderungsanspruch nicht im Wege, stellte das OLG Hamm klar. Die Interessen des Anbieters seien nicht vorrangig schutzwürdig. Zudem habe der Kläger dargelegt, dass er spielsüchtig sei. Ein mutmaßlich auf diesem Krankheitsbild beruhendes Verhalten könne dem Kläger nicht als rechtsmissbräuchlich entgegengehalten werden, so das OLG Hamm weiter. „Das Verbot aus dem Glücksspielstaatsvertrag zielt u.a. darauf ab, vor einer Spielsucht zu schützen“, so Rechtsanwalt Cocron.
Seit dem 1. Juli 2021 sind die Regeln für das Glücksspiel in Deutschland gelockert worden. „Dies gilt jedoch nicht rückwirkend. Daher haben Spieler gute Chancen, ihre Verluste zurückzufordern, wie zahlreiche Urteile von Landgerichten und auch der Beschluss des OLG Hamm belegen“, so Rechtsanwalt Cocron.
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