„Das Urteil hat weitreichende Bedeutung, da sich die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin auch auf andere Kryptowährungen und ICOs anwenden lassen dürfte“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.
Der Angeklagte betrieb eine Internet-Plattform, über die Bitcoin gehandelt werden konnten und Käufer und Verkäufer über die Plattform vermittelt wurden. Die Zahlungen der Kunden erfolgten überwiegend auf ein polnisches Konto. Als der Bitcoin ab März 2013 zum Höhenflug ansetzte, wirkte sich das auch auf die Umsätze des Angeklagten aus. Der Kontostand der Plattform wuchs innerhalb weniger Tage von knapp 210.000 Euro auf fast 2,5 Millionen Euro. Das Konto wurde wegen den Verdachts der Geldwäsche von polnischen Behörden gesperrt und von der Bank gekündigt. Die Internet-Seite hat der Angeklagte kurz darauf abgeschaltet.
In erster Instanz war der Angeklagte noch wegen des Verstoßes gegen das KWG und unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Berlin hob das Urteil auf und sprach den Angeklagten frei. Diese Entscheidung hat das Kammergericht Berlin nun bestätigt. Der Handel mit Bitcoins über die Plattform sei nicht erlaubnispflichtig gewesen, da es sich bei der Kryptowährung nicht um ein Finanzinstrument im Sinne des KWG und insbesondere nicht um eine Rechnungseinheit handelt.
Wer in Deutschland gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, benötigt dazu eine Erlaubnis der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin. Für die Geschäfte des Angeklagten sei aber keine Erlaubnis der BaFin nötig gewesen, so das Gericht. Denn das KWG finde keine Anwendung, da die gehandelten Bitcoins kein Finanzinstrument darstellen. Es handele sich auch nicht um Rechnungseinheiten, stellte das Kammergericht weiter klar. Es gebe keine gesetzlichen Anhaltspunkte, dass Kryptowährungen unter den Begriff der Rechnungseinheit fallen sollten. Der Bitcoin habe keinen eigenen darstellbaren oder vergleichbaren Wert. Daher sei er auch keine Währung oder Zahlungsmittel im klassischen Sinn, auch wenn der Bitcoin unter bestimmten Wirtschaftsteilnehmern als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Sein Wert hänge entscheidend davon, welchen Wert ihm die Nutzer zumessen. Damit unterliege er stärksten, nicht vorhersehbaren oder kalkulierbaren Schwankungen.
Dem Bitcoin fehle es somit an allgemeiner Anerkennung und einer vorhersehbaren Wertbeständigkeit. Dadurch kann er auch nicht zur allgemeinen Vergleichbarkeit verschiedener Waren und Dienstleistungen herangezogen werden. In der Konsequenz erfüllt der Bitcoin darum eine wesentliche begriffliche Voraussetzung von Rechnungseinheiten nicht. Mit der Behauptung, Bitcoins fielen unter den Begriff der Rechnungseinheiten habe die BaFin ihre Aufgaben und Kompetenzen überschritten. Soweit eine Regelungslücke besteht, sei es nicht Aufgabe der BaFin oder der Gerichte diese zu schließen. Der Gesetzgeber müsse die Voraussetzungen für die Strafbarkeit bestimmen.
Außerdem führte das Kammergericht Berlin aus, dass es sich bei Bitcoins auch nicht um E-Geld handele, da schon die Voraussetzung der Ausgabe durch einen Emittenten beim Bitcoin nicht gegeben sei.
„Beim Handel mit Kryptowährungen oder der Ausgabe von ICOs gibt es noch viele rechtliche Unsicherheiten, so dass eine juristische Beratung oft unerlässlich ist“, sagt Rechtsanwalt Cocron.
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