Der erste Schuldenschnitt für griechische Staatsanleihen aus dem Jahr 2012 ist noch nicht annähernd juristisch aufgearbeitet, da häufen sich schon wieder Medienberichte, wonach eine mittelfristige Schuldentragfähigkeit des Krisenlandes ohne weitere Manöver nun angeblich ohnehin nicht realistisch erscheine. Dabei rückt insbesondere die Beteiligung öffentlicher Gläubiger, die vom ersten Schuldenschnitt ausdrücklich ausgenommen waren, immer mehr in den Fokus.
"Daran wird deutlich, dass die einseitige Belastung der privaten Gläubiger im März 2012 schon im Ansatz ökonomisch verfehlt und damit rechtlich unzulässig war." meint Rechtsanwalt Franz Braun von der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei CLLB Rechtsanwälte. "Zumindest diejenigen öffentlichen Gläubiger, die damals die vom Schuldenschnitt betroffenen Anleihen selbst im Portfolio hatten, hätten zwingend mit ins Boot genommen werden müssen, um überhaupt eine rechtmäßige Ausgangsbasis zu schaffen."
Unabhängig von solchen grundsätzlichen Erwägungen sieht der Jurist aber auch in der technischen Durchführung deutsches Recht verletzt, weil die in Deutschland in die Depots der Anleger eingebuchten Papiere im März 2012 jedenfalls nicht ohne ausdrückliche bundesrechtliche Regelung gegen den Willen der Depotinhaber einfach durch den Aussteller des Papiers wieder zurückgeholt und durch andere Papiere ersetzt werden konnten.
"Davor schützt Art. 14 des Grundgesetzes auch dann, wenn andere, ausländische Institutionen ihr Einverständnis gegeben haben sollten. Wir haben für eine Vielzahl von Anlegern Klagen gegen Griechenland vor Gerichten in der gesamten Bundesrepublik eingereicht. Die ersten Klagen wurden zwischenzeitlich zugestellt. Eine inhaltliche Stellungnahme Griechenlands steht derzeit noch aus." berichtet Rechtsanwalt Braun.
Privatanleger, die Anfang März 2012 eine griechische Staatsanleihe besaßen, stellten plötzlich fest, dass die ursprüngliche, griechische Schuldverschreibung aus ihrem Wertpapierdepot herausgenommen und dafür mehr als zwanzig andere Wertpapiere unterschiedlicher Emittenten ins Depot verbracht worden waren.
Obwohl es sich eigentlich von selbst verstehen sollte, dass der Aussteller eines Wertpapiers nach dessen Emission keinen Zugriff mehr auf das Papier und vor allem auch auf den sonstigen Inhalt eines fremden Wertpapierdepots und die Depotzusammensetzung des Gläubigers haben sollte, suchte man eine Belehrung oder auch nur einen Hinweis, wie man sich gegen den Austausch der griechischen Wertpapiere zur Wehr setzen kann, vergebens.
"Das zeigt, wie absurd der gesamte Vorgang eigentlich ist. Für mich besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Umtausch rechtlich aus einer ganzen Reihe von unterschiedlichsten Gründen nicht haltbar ist." meint Rechtsanwalt Braun. Wann die ersten Verhandlungen stattfinden, steht noch nicht fest.