Der Kläger hatte zwischen 2017 und 2020 über eine deutschsprachige Webseite der Beklagten an Online-Automatenspielen, sog. Slots, teilgenommen und dabei insgesamt ca. 11.800 Euro verloren. Dass Online-Glücksspiele zu dieser Zeit in Deutschland grundsätzlich verboten waren, wusste er nicht. „Die Betreiberin des Online-Casinos hat gegen das Verbot von Online-Glücksspielen aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen. Wir haben von ihr daher die Rückzahlung des Verlusts verlangt“ sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.
Das Landgericht Mühlhausen folgte der Argumentation und verurteilte die Anbieterin der Online-Glücksspiele zur vollständigen Rückzahlung des Verlusts. Das Oberlandesgericht Thüringen bestätigte nun die Entscheidung und wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil zurück.
Online-Glücksspiele seien im streitgegenständlichen Zeitraum in Deutschland gemäß § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag verboten gewesen, so das Thüringer Oberlandesgericht. Da die Beklagte gegen dieses Verbot verstoßen habe, seien die geschlossenen Verträge mit dem Kläger nichtig. Die Beklagte habe somit keinen rechtlichen Anspruch auf das Geld und müsse dem Kläger seinen Verlust erstatten, bestätigte das OLG in Jena die erstinstanzliche Rechtsprechung des LG Mühlhausen.
Das OLG hob weiter hervor, dass das Verbot von Online-Glücksspielen Zielen des Gemeinwohls wie Vorbeugung und Bekämpfung von Spielsucht diene und daher auch mit europäischem Recht im Einklang stehe. Dass das Verbot mit Wirkung zum 1. Juli 2021 gelockert wurde und es seitdem möglich ist, eine Lizenz für das Angebot von Online-Glücksspielen zu erwerben, ändere nichts daran, dass öffentliche Glücksspiele im Internet bis zu diesem Zeitpunkt verboten waren. Sie sind auch jetzt nur mit einer entsprechenden Genehmigung erlaubt, stellte das Gericht klar. Das Verbot sei auch nicht aus Bedenken, dass es gegen europäisches Recht verstoßen könnte, gelockert worden. Ursächlich sei vielmehr eine effektivere Bekämpfung des Schwarzmarkts gewesen.
Der Verstoß gegen das Verbot habe zur Nichtigkeit der Spielverträge geführt. Wenn die Anbieter der illegalen Glücksspiele das Geld behalten dürften, laufe das den Zielen des Verbots wie Bekämpfung der Spielsucht oder Spieler- und Jugendschutz zuwider. Daher müsse die Beklagte den Verlust erstatten, führte das OLG Thüringen aus.
Dem Rückzahlungsanspruch des Klägers stehe auch nicht seine Teilnahme an den illegalen Online-Glücksspielen im Weg. Es sei nicht ersichtlich, dass er das Verbot kannte oder hätte kennen müssen. Die Beklagte habe auch nicht das Gegenteil dargelegt, so das OLG.
Zudem treffe die Beklagte die verschärfte Haftung gemäß §§ 819 Abs. 2, 818 Abs. 4 BGB. Danach ist derjenige, der durch die Annahme einer Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, zur Herausgabe verpflichtet, stellte das Gericht weiter klar. „In Bezug auf verbotene Online-Glücksspiele heißt das, dass die Veranstalter den Verlust erstatten müssen“, so Rechtsanwalt Cocron.
Neben dem OLG Thüringen haben schon zahlreiche weitere Oberlandesgerichte und Landgerichte den Rückzahlungsanspruch für Spieler bei verbotenen Online-Glücksspielen bestätigt. „Das zeigt, dass Spieler gute Chancen haben, ihr Geld zurückzuholen. Das gilt auch für Verluste, die erst nach dem 1. Juli 2021 entstanden sind. Denn ohne die erforderliche Lizenz sind Online-Glücksspiele weiterhin verboten“, sagt Rechtsanwalt Cocron.