Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29.09.2015, Az. 6 U 21/15 konnte ein Verbraucher auch noch Jahre nach Abschluss seinen mit der Bank geschlossenen Darlehensvertrag widerrufen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung, wonach die Widerrufsfrist „einen Tag nachdem“ die in der Belehrung beschriebenen Ereignisse eingetreten sind, „jedoch nicht vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages“ beginne gegen das Deutlichkeitsgebot verstoße.
„Dieses Urteil erlangt unseres Erachtens umso mehr Brisanz als derartige Widerrufsbelehrungen vielfach verwendet wurden, der Gesetzgeber aber nun plant die Widerrufsmöglichkeit bei bestehenden Darlehensverträgen nur noch bis zum 21.06.2016 zuzulassen“, so Rechtsanwalt Alexander Kainz von der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei CLLB Rechtsanwälte mit Standorten in München und Berlin. Verbrauchern, deren Darlehensverträge eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung aufweisen, bleibt daher wohl nicht mehr viel Zeit, um ihre Rechte geltend zu machen, so Rechtsanwalt Kainz weiter.
Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgarts war die im entschiedenen Fall verwandte Belehrung geeignet, beim Verbraucher die Fehlvorstellung hervorzurufen, dass der Tag des Vertragsschlusses bei der Fristberechnung mitzuzählen sei. Das Berufungsgericht führte in seinem Urteil zudem aus, dass der Widerruf auch nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages möglich sei, die Ausübung des Widerrufsrechts der Kläger nicht gegen Treu und Glauben verstoße und auch nicht verwirkt sei.
Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte damit die erstinstanzliche Entscheidung, nach der die Kläger aufgrund des wirksamen Widerrufs die für die vorzeitige Rückführung entrichteten Aufhebungsentgelte zurückfordern können.
Grundsätzlich gilt, dass im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung über das dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht, denjenigen Kunden, die ihr Darlehen nach dem 01.11.2002 abgeschlossen haben, zumindest derzeit noch die Möglichkeit offen steht, sich durch Widerruf vom Darlehensvertrag zu lösen. Leider wird diese Widerrufsmöglichkeit wohl durch ein entsprechendes Gesetz zu Fall gebracht werden. Nach einem Beschluss des Bundeskabinetts soll der Verbraucher nach Inkrafttreten des entsprechendes Gesetzes bei schon bestehenden Darlehensverträgen nur noch drei Monate Zeit haben, von seinem möglicherweise noch bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Bislang ist geplant, dass das entsprechende Gesetz zum 21.03.2016 in Kraft treten wird. Altverträge wären in diesem Fall wohl nur noch bis zum 21.06.2016 widerrufbar.
„Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung ermöglicht es dem Bankkunden, sich noch Jahre nach Abschluss des Darlehens von dem Darlehensvertrag mit hohen Zinsen zu lösen und dies ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung entrichten zu müssen“, so Rechtsanwalt Alexander Kainz, der in der Kanzlei CLLB Rechtsanwälte zahlreiche dieser Fälle betreut. Sofern das Darlehen bereits abgelöst und eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlt wurde, kann auch diese ggf. zurückgefordert werden. Zudem hat der Verbraucher grundsätzlich die Möglichkeit, die von der Bank gezogenen Nutzungen heraus zu verlangen.
Die CLLB Rechtsanwälte raten daher allen betroffenen Bankkunden, die in ihren Darlehensverträgen enthaltenen Widerrufsbelehrungen zeitnah von einer auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei überprüfen zu lassen.