Ach ja - die Autoren werden ja von den Musikverlegern nicht nur Verlegt, sondern bei solchen Anlässen sogar wieder gefunden und dann vertreten. Ein Ausschnitt aus der Rede der Präsidentin des Deutschen Musikverlegerverbandes anlässlich eines gemeinsamen Empfangs der Verleger mit der GEMA am Strand des Mittelmeeres ist hierzu ganz erhellend.
Mit dem Satz: "Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass unsere Autoren überleben" beendete Frau Sikorski ihre kurze Begrüßung. Es ertönte zustimmendes Champagnergläserklingen des überwiegend aus Verlegern und Funktionären bestehenden Publikums. Dann wurde das üppige Buffet eröffnet. Sogar der anwesende Deutsche Kulturminister (oder genauer: der Kultur Staatsminister) Bernd Neumann war, ob so viel selbstlosen Einsatzes der Verleger für die armen Künstler, ganz ergriffen... Jedoch - lässt man sich den Satz einmal auf der Zunge zergehen, dann steckt viel mehr Wahrheit darin, als das erste Hinhören preisgibt.
"Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass die Autoren überleben."
Genau - überleben müssen die Autoren, denn wenn es die nicht mehr gibt, wer sorgt denn dann für den Nachschub an Stoff, den die Verleger so dringend brauchen? Wer kann denn dann noch Champagnerempfänge an der französischen Mittelmeerküste ausrichten? Nein, nein - das geht nun wirklich nicht, dass die uns wegsterben die Autoren. Wir müssen schon dafür sorgen, dass Sie "überleben" können. Überleben heißt ja soviel wie "nicht sterben" und damit gerade noch arbeitsfähig bleiben.
Da passt es ja gut, dass der Lohn des Künstlers vor allem der Applaus ist. Und ist es nicht gerade die Enthaltsamkeit, die die Autoren, folgt man den mannigfaltigen Berichten, erst zu schöpferischen Höchstleistungen anspornt? Nach dem Motto: nur ein hungernder Künstler ist ein guter Künstler.
Immerhin befeuern diese Autoren nicht nur Musikverleger, sondern auch Labels, Anwaltskanzleien, Agenten, Veranstalter, Verwertungsgesellschaften, und in Teilen auch die Mobilfunkunternehmen, die Computer- und die Unterhaltungsindustrie. Selbst Coca Cola kam zur MIDEM und berichtete über Ihre Verkaufserfolge dank des Einsatzes von Musik in der Markenkommunikation.
Also wirklich - diese Quelle darf doch nicht versiegen. Ein paar Krümel müssen schon abfallen. Denn mehr als ein paar Krümel sind es nicht, die die Autoren von dem Kuchen abbekommen. Obwohl nach dem europäischen Rechtsverständnis des "Droit Moral" bzw. des "Droit d'auteur" der Autor Eigentümer seines Werkes ist, ist es erstaunlich, wie mit diesem Eigentum umgegangen wird. Ohne groß zu fragen und auch ohne dass hier ein Unrechtsbewusstsein zu existieren scheint, werden mit dieser Ware Unsummen an Geld verdient.
Man blicke nur zurück auf den großen Erfolg der Handy-Klingeltöne, dessen enorme Erlöse bei den Autoren so gut wir gar nicht ankamen. Nicht wenige Firmen haben sich hier in geradezu schamloser Weise am Eigentum anderer vergriffen und bereichert. So ist der Kampf der Verleger für das "Überleben" der Autoren tatsächlich in gewissem Sinne selbstlos: Retten Sie doch auch vielen anderen Verwertern die Möglichkeit, auch in Zukunft große Stücke aus der Torte zu erhalten oder ihre eigenen Torten zu verzieren. Denn: erst stirbt der Autor und dann eine ganze Industrie.
Aber nicht ganz Musikland ist von den Verwertern besetzt - es gibt da ein kleines Trüppchen, das begonnen hat, den übermächtigen Vertretern der Industrie Widerstand zu leisten. So haben sich mittlerweile Kommunisten aus aller Herren Länder - nein es sind Komponisten aus vielen europäischen Ländern - zusammengefunden, um Ihre Interessen selber zu vertreten. Denn dass die Verleger tatsächlich die Interessen der Autoren vertreten, ist eher selten, weil wirtschaftlich orientierte Unternehmen, was Musikverlage ja nun mal sind, zu allererst ihre eigenen Interessen vertreten.
Unter dem Kürzel ECSA (European Composer and Songwriter Alliance) haben sich in den vergangenen 2 Jahren alle europäischen Musikschaffenden organisiert. Sowohl die klassischen als auch die Songwriter und Filmmusik-Komponisten, haben eine Allianz geschmiedet, die auch in Brüssel klar zu stellen sucht, dass die Autoren eine eigene Meinung zu bestimmten Überlegungen bzgl. der Harmonisierung des europäischen Binnenmarktes haben - eine Meinung, die nicht selten ganz anders ist als sie von den angeblichen Vertretern der Komponisten, den Verlegern, vertreten wird. Aber das ist ja, in Anbetracht der Marktverteilung, nicht sehr verwunderlich.