Gesucht wird in den nächsten drei Wochen der Nachfolger des Spaniers Alberto Contador, der im vergangenen Jahr als erster nach 22 Tagen Strapazen, unterbrochen durch zwei Ruhetage, in Paris einfuhr. Erneut geht es durch französische Tiefebenen, entlang der Küsten von Atlantik und Mittelmeer, durch Mittelgebirgslandschaften, über die Pässe der Alpen und Pyrenäen und durch die faszinierende Kulisse Hunderttausender von Fans in den Millionenstädten. Zum zweiten Mal in Folge startet die Tour damit nicht in ihrem Heimatland Frankreich. Im vergangenen Jahr nahm das sportliche Drama menschlicher Höchstleistungen an der Cote d'Azur in Monaco seinen Auftakt.
Wie alljährlich werden auch 2010 die ersten Etappen den Männern mit den "dicken Beinen", den Sprintern, gewidmet sein, wenn es wieder zu den elektrisierenden Massenankünften auf den breiten Avenues der Zielorte kommen wird. Auch dabei werden die schnellsten Männer des letzten Kilometers aus den Continental-Teams wie alljährlich die Geschichte der ersten Flachetappen mit schreiben. Nach dem Start in den Niederlanden geht es zunächst durch Belgien mit der Europa-Zentrale Brüssel und die nordfranzösische Industrie-Region bis hinein in die Champagne, wo das edelste Getränk der Welt, der Champagner, auf weiten Feldern beheimatet ist. Mit der Zielankunft in der historischen Bischofsstadt Reims erweist die Rundfahrt auf der vierten Etappe dieser Region eine ganz besondere Ehrung.
Die ersten Vor-Entscheidungen werden wieder fallen, wenn es in die gefürchteten "Hautes Montagnes", also in das Hochgebirge, geht. 2010 wird die Große Schleife entgegen des Uhrzeigersinns gefahren. Das heißt, dass zunächst die Alpen-Ankünfte die ersten aufschlussreichen Auftritte der Tour-Favoriten erleben werden. Dann werden wieder Hunderttausende an den Aufstiegen zu den Riesen wie Col de la Colombière, Col de la Madeleine oder Saint-Jean de Maurienne stehen und die Helden der Landstraße anfeuern. Vor allem die französischen Sportfreunde werden dem Spektakel der Radsport-Giganten in diesem Jahr besonders entgegen fiebern, nachdem ihre Fußballer die "Grande Nation" bei der Weltmeisterschaft in Südafrika ja so schmachvoll mit dem vernichtenden Vorrunden-Aus vertreten haben.
Erwartungsgemäß wird das Feld auf den drei schweren Alpenetappen am 11., 13 und 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, zum ersten Mal mit Minutenabständen auseinander gerissen werden und die Teams der großen Tour-Favoriten werden ihre Kapitäne zwischen Morzine-Avoriaz und Gap in die entsprechenden Positionen fahren. Auch die Conti-Teams, in denen weniger die Sprint-Spezialisten als vielmehr die Klassement-Fahrer stehen, werden dann auf ihren Spezialreifen für das Hochgebirge ihre besten Kletterer und aussichtsreichsten Kandidaten für die Gesamtwertung mit mannschaftlicher Geschlossenheit nach vorn fahren.
Nach einem Abstecher in das französische Zentralmassiv steht am 18. Juli mit der 14. Etappe die erste schwere Ankunft in den Pyrenäen auf dem Program. Ax-3-Domaines wird die Fahrer dann zur ersten Ankunft in diesem Jahr in dem wilden zerklüfteten Gebirge an der französisch-spanischen Grenze begrüßen. Die Giganten rund um das "Dach der Tour", den 2800 Meter hohen "Col du Tourmalet", werden bei der 97. Auflage zum Jubiläums-Geburtstag einladen. Vor 100 Jahren, 1910, machte die noch junge Rundfahrt damals den Pyrenäen ihre Aufwartung. Seitdem wurden in dem teilweise unwirtlichen, ja fast feindseligen Gelände mit seinen irrsinnig steilen Abfahrten und seinen gnadenlos harten Anstiegen, vor allem bei sengender Hitze, unzählige Radsport-Dramen geschrieben.
Für die Continental-bereiften Teams heißt es auf den insgesamt drei Etappen in den Pyrenäen, hellwach zu sein und die in der Gesamtwertung am besten platzierten Fahrer der einzelnen Equipes heil über die Pässe Richtung Paris zu bringen. Vor allen Dingen auf der 17. Etappe am 22. Juli nach dem Ruhetag in Pau werden die Karten zum letzten Male und dann wohl endgültig gemischt werden. Einen Tag vor der gigantischen Zielankunft in der französischen Hauptstadt wird es - mit Ausnahme des kleinen Rundkurses zum Prolog am 3. Juli - zum ersten Einzel-Zeitfahren dieser Tour de France kommen. Auf etwas mehr als 50 Kilometern werden die Spezialisten im Kampf gegen die Uhr von Bordeaux nach Pauillac auf ihren hoch gezüchteten Spezial-Rennmaschinen das Geschehen bestimmen. Unter Umständen wird es sogar dann noch einmal zu einem wirklichen Herzschlag-Finale kommen, wenn sich die starken Allrounder in den Hochgebirgs-Etappen gegenseitig neutralisiert haben sollten.
Vor allem auf der flachen Etappe an der Atlantik-Küste am 24. Juli wird viel auf des Material der dann noch verbliebenen Fahrer ankommen. Auch die "Rouleurs" der Mannschaften mit Conti-Pneus werden dann wieder mit den aufwändig in Handarbeit gefertigten Reifen aus dem hessischen Korbach antreten, um die 97. Auflage der "Großen Schleife" bestens gerüstet beenden zu können. Da es in diesem Jahr bei der Tour de France kein Mannschafts-Zeitfahren geben wird, kommt dem Duell der einzelnen Athleten mit dem Sekunden-Zeiger in diesem Jahr eine ganz besondere Bedeutung zu. Einen Tag später werden dann auf der Pracht-Avenue in Paris die besten Radsportler der Welt gebührend gefeiert werden. Und unter ihnen werden auch 2010 wieder viele "Helden der Landstraße" sein, die erneut auf das "Schwarze Gold" aus dem Hause Conti vertraut haben.