- Elektromobilität, Software, Umwelt: Passgenaue Lösungen „frei Haus“ erwartet
- Branche sieht Handlungsbedarf insbesondere in Sachen Umweltschutz
- Continental-Mobilitätsstudie macht deutlich, dass massiver Kostendruck der Branche kaum Spielraum für nachhaltig wirkende Innovationen lässt
Wettbewerb, Umweltauflagen, digitale Technologien, neue Akteure im Transportgeschäft, Mangel an qualifizierten Fahrern – an Herausforderungen mangelt es Logistikunternehmen nicht, wie die „Continental-Mobilitätsstudie 2016“ zeigt: Mehr als jeder zweite der in der Studie befragten Logistiker fürchtet, dass ihre Branche beim Thema Digitalisierung den Anschluss verlieren könnte. Jeder Dritte ist der Ansicht, dass der digitale Wandel keine Auswirkung auf das Transportgeschäft habe. Jeder Fünfte kann in der Digitalisierung keine Chancen für die Branche erkennen. Und jeder elfte Logistiker sagt gar, er könne sich unter dem Schlagwort Digitalisierung gar nichts vorstellen.
Dabei erkennen die Branchenexperten durchaus den Mehrwert und die Notwendigkeit innovativer Softwarelösungen. Sie sehen aber eine große Herausforderung darin, den Datenaustausch durch ein flächendeckendes Netz sicherzustellen, die Daten intelligent zu verknüpfen, in Echtzeit bereitzustellen und die Datensicherheit sowie eine intuitive, einfache Bedienbarkeit zu gewährleisten. Außerdem sei es wichtig, so die Forderung der befragten Experten, dass die Anbieter einheitliche, passgenaue Standards und eine herstellerunabhängige Kompatibilität bereitstellen.
„Was wir erwarten sind Neutralität und universelle Einsetzbarkeit. Das schließt ein, dass man auch für andere Hersteller offen ist“, zitiert die Studie einen Logistik-Experten. Zurzeit, so die Kritik, sorgten zu viele unterschiedliche Lösungen und Systeme am Markt für Unübersichtlichkeit und Überforderung. „Das bedeutet für uns, dass wir für jeden Kunden eine eigene Anpassung machen und eine Software-Lösung finden müssen. Der Versuch, unterschiedlichste Transport-Management-Software zu vereinheitlichen, scheiterte kläglich“, sagt ein anderer Experte.
Eine weitere große Herausforderung sehen 82 Prozent der befragten deutschen Logistiker in den ehrgeizigen Klimazielen der Europäischen Union bis 2030 und den damit verbundenen immer strengeren Umweltauflagen. „Elektromobilität fehlt mir vollkommen. Die gibt es nur als Umrüstfahrzeuge. Im Lkw-Bereich wäre Elektromobilität viel sinnvoller als im Pkw-Bereich“, zitiert die Studie einen Fachmann. „Die Aerodynamik der momentanen Fahrzeuge entspricht der einer Schrankwand. Warum können Lkw nicht auf der Autobahn eine Nase ausfahren oder Spoiler? Der Seitenspiegel gehört weg, anstelle dessen eine Kamera“, sagt ein anderer Experte.
Gleichzeitig ist die Innovationsaffinität der Berufskraftfahrer als operative Anwender nicht sonderlich ausgeprägt. Die Themen Software und Vernetzung haben, so zeigt die Befragung, für viele Fahrer nur wenig mit ihrer Berufsrealität zu tun. Für 23 Prozent der Fahrer spielt das Thema Fahrzeugvernetzung gar keine Rolle, 40 Prozent schätzen die Bedeutung des Automatisierten Fahrens und 41 Prozent das Thema Platooning (Windschattenfahren) für die Zukunft ihres Gewerbes als völlig unwichtig ein.
Die gesamte Branche sieht sich laut Studie durch den harten Wettbewerb voll ausgelastet und hat nach eigener Darstellung kaum Ressourcen für Innovationen. Besonders schwierig ist die Situation nach Angaben der Experten für kleine und mittlere Transportunternehmen. Zudem müssen sich Innovationen bereits innerhalb von ein bis zwei Jahren amortisiert haben, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Weitere Herausforderung: Gut ausgebildete Fahrer sind Mangelware, die Konkurrenz aus mittel- und osteuropäischen EU-Staaten ist groß. 91 Prozent der befragten deutschen Logistik-Experten bestätigen, dass der Wettbewerb um Fahrer schärfer wird. „Es ist schwerer, einen Fahrer zu finden als einen Rechtsanwalt“, formuliert es ein Fachmann. In China sehen 74 Prozent der Befragten einen zunehmenden Wettbewerb um die Fahrer.
Grundsätzlich sorgt sich die Branche auch vor noch mehr Konkurrenz (84 Prozent). Dass neue Akteure wie Onlineversandhändler den Logistikmarkt aufmischen, sehen dagegen nur 27 Prozent als sehr große Herausforderung. „In Deutschland und in vielen anderen Märkten gibt es bereits unendlich viele Wettbewerber. Hier ist eine Differenzierung notwendig, insofern können Fahrer und Fahrzeuge einen wichtigen Beitrag dazu leisten – Differenzierung im Sinne einer hochwertigen Dienstleistung“, beschreibt ein Flottenmanager in der Studie seinen Ansatz.
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