- VDA-Diskussionsrunde „Mobilität von morgen“ mit dem Continental- Vorstandsvorsitzenden Dr. Elmar Degenhart und dem Philosophen Prof. Rafael Capurro
- Diskussion um ethische Entscheidungen durch Software muss weltweit geführt werden
- „Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren sind wichtig zur Vermeidung von tödlichen Verkehrsunfällen und dem Verkehrsinfarkt“, sagt Degenhart
„Jedes Jahr sterben 1,3 Millionen Menschen auf den Straßen der Welt. Das kann und darf uns nicht gleichgültig sein. Mit assistiertem und automatisiertem Fahren sind null Verkehrsunfälle jetzt keine Utopie mehr“, sagte Degenhart und forderte eine international akzeptierte, gesellschaftliche Richtlinie für die an der Entwicklung beteiligten Ingenieure und ihre Programme. In dieser Richtlinie sollten ethische Aspekte ebenso berücksichtigt werden wie Datenschutz und Datensicherheit, Fragen der Haftung, die gesellschaftlichen Ansprüche und die Zahl der durch Fahrerassistenzsysteme und Automatisierung vor Schaden bewahrten Menschenleben im Straßenverkehr.
„An der Frage der extremsten Notsituation für ein automatisiertes Fahrzeug darf die Anwendung und Weiterentwicklung des assistierten und automatisierten Fahrens keinesfalls scheitern. Wir brauchen eine Regelung für die unwahrscheinliche Situation, dass ein Unfall nicht mehr verhindert werden kann. Heute muss ein Fahrer dabei blitzschnell reagieren: wen schützt er und wen nicht? In der Regel handelt er dabei unbewusst und intuitiv. Automatisierte Fahrzeuge sind darauf ausgerichtet, solche Situationen von vornherein zu vermeiden. Aber: Wie sollen sie in solchen Zwangslagen mit einem vorprogrammierten Fahrzeugcomputer an Bord reagieren? Zur Lösung dieser Frage benötigen unsere Ingenieure Hilfe“, sagte Degenhart.
Degenhart würdigte die Einrichtung der Ethik-Kommission durch das Bundesverkehrsministerium, die sich mit solchen Themen beschäftigt. „Eine auf Deutschland allein bezogene Lösung genügt allerdings nicht. Die deutsche Automobilindustrie ist weltweit Technologieführer beim automatisierten Fahren. Wichtig für die weitere Entwicklung ist das Anpassen der jeweiligen, rechtlichen Rahmenbedingungen weltweit. Es gilt jetzt, sie schrittweise an den technologischen Möglichkeiten auszurichten und möglichst miteinander zu harmonisieren“, forderte Degenhart und lobte die vielfache Unterstützung durch die Politik und Verbände wie etwa bei der Einrichtung von Teststrecken.
Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren als Impfstoffe gegen Verkehrsunfälle
In der von der TV-Journalistin Ines Arland moderierten Diskussion im Berliner Büro des VDA unterstrich Degenhart die Chance, die in der Nutzung von Sicherheitstechnologien für den Straßenverkehr stecken: „Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren können einen wesentlichen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit leisten. Unfälle im Straßenverkehr gehören damit endlich ins Museum.“
Ein Vergleich mit der Luftfahrtindustrie verdeutlichte die Brisanz: „Täglich sterben so viele Menschen auf den Straßen der Welt, wie in mehr als sieben vollbesetzte Großraumflugzeuge passen. Den täglichen Absturz von sieben solcher Flugmaschinen würde niemand akzeptieren“, so Degenhart. Für den Vorstandsvorsitzenden des internationalen Technologieunternehmens Continental sind Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren daher „lebensrettende Schutzsysteme für den Straßenverkehr und so wichtig wie die Impfstoffe in der Medizin. Impfstoffe retten vielleicht nicht jedes Leben, aber sie beugen massenhaft Krankheiten vor. Unsere Technologien schützen auf ähnliche Weise vor tödlichen Verkehrsunfällen und Verkehrsinfarkten.“
Automatisierung des Straßenverkehrs für mehr Sicherheit und effizienteren Verkehr
„Statistisch gesehen steht jeder Autofahrer in Deutschland 1,5 Jahre seines Lebens im Stau. Das ist ein immenser volkswirtschaftlicher und persönlicher Zeitverlust“, machte Degenhart eine weitere Chance der Automatisierung deutlich. Mit teilautomatisierten Fahrfunktionen sei heute der erste Schritt auf dem Weg zum vollautomatisierten Fahren bereits in immer mehr Fahrzeugen in Serie. Ihre Vorteile seien so im realen Fahrbetrieb längst erlebbar. Daran hätten viele der rund 32.000 Ingenieure und Software-Experten von Continental mitgearbeitet. Das Unternehmen gehe davon aus, dass vollautomatisierte Fahrfunktionen für die Autobahn ab dem Jahr 2025 zur Verfügung stehen.
Weltweit entwickelt und produziert Continental die für das automatisierte Fahren benötigten Komponenten und Systeme – in den USA ebenso wie in Japan, in China und in Europa. Die beteiligten Ingenieure arbeiten dabei an sechs wesentlichen Bausteinen: Sensorik, Schwarm-Vernetzung, Mensch-Maschine-Dialog, Systemarchitektur, Ausfallsicherheit und der Akzeptanz des automatisierten Fahrens.