- Die "Engine Management System 3 Plattform" (EMS3) leistet weit mehr als nur Lastregelung: Eine zentrale Steuereinheit auf ihrer Basis regelt und koordiniert auch die Funktionen und Aggregate im elektrischen Pfad bei Hybridantrieben
- Energieflussprognose auf Basis des Fahr- und Streckenprofils optimiert Größe und Nutzungsgrad des Akkus
- Prognosebasiertes Energiemanagement senkt Systemkosten und Verbrauch
- Offene Systemarchitektur und PowerSAR® nach AUTOSAR- Standard reduzieren Komplexität und Variantenvielfalt
Mit der "Engine Management System 3 Plattform" (EMS3) entwickelt der internationale Automobilzulieferer Continental eine neue Generation für Motor- und Antriebssteuerungen. Sie wird nicht nur die Kraftstoffeinspritzung und Zündung noch genauer als bisher steuern, sondern bei elektrifizierten Antrieben auch den Einsatz der E-Maschine und die Überwachung des Ladezustands der Hochvoltbatterie koordinieren. Damit ist das System in der Lage, das vom Fahrer angeforderte Drehmoment aus dem optimalen Zusammenspiel von Verbrennungs- und Elektromotor zu generieren. Darüber hinaus wird die EMS3 eine völlig neue Funktion integrieren: das prognosebasierte Energiemanagement (pEM). Dieses Softwaremodul setzt auf Informationen des eHorizon und verarbeitet Daten zum Fahrstil des Lenkers. Der eHorizon (Elektronischer Horizont) stellt auf Basis der topografischen Daten und des GPS-Signals das dreidimensionale Profil der Fahrtstrecke der EMS3 zur Verfügung. Daraus errechnet die EMS3 nicht nur den zu erwartenden Energieverbrauch insgesamt, vielmehr identifiziert es die Streckenabschnitte, auf denen beispielsweise Rekuperation möglich ist, wo und mit welcher Last der Verbrenner am effizientesten alleine arbeitet und wo der reine Elektroantrieb vorteilhaft ist. "Mit der neuen Motorsteuerungsplattform werden wir nicht nur Drehmomente koordinieren, sondern werden auch den Energiefluss im Antriebsstrang steuern", erläuterte Jörg Grotendorst, Leiter Strategie und Technologie, Division Powertrain bei Continental. Gleichzeitig trägt die offene Systemarchitektur nach AUTOSAR-Standard dazu bei, dass die Variantenvielfalt an Anwendungen in der Motorperipherie nicht überbordet. Bestehende Subsysteme können in vielen Fällen weiter verwendet werden.
Prognosebasiertes Energiemanagement senkt Systemkosten und Verbrauch
Die Fahrzeuge der Zukunft können elektrisch fahren, werden aber auf absehbare Zeit auch von einem klassischen Verbrennungsmotor angetrieben. Die Herausforderung der Automobilzulieferer und Hersteller ist es daher, die Vielfalt der unterschiedlichen Antriebskonzepte zu beherrschen und weiterzuentwickeln. Die anfangs überschwänglichen Erwartungen an die Elektromobilität sind inzwischen einer realistischeren Einschätzung gewichen. Während reine Elektrofahrzeuge sich noch sehr langsam durchsetzen, gewinnt der Hybridantrieb zunehmend an Marktinteresse. Continental hält deshalb an der Strategie unverändert fest, den Antriebsstrang auch durch Elektrifizierung weiter zu optimieren. Ein wichtiger Baustein dieser Strategie ist die neue Motorsteuerungsplattform EMS3. So kann das neue Engine Management System nicht nur die vollvariable Ventilsteuerung einschließlich Zylinderabschaltung und die gesamte Sensorik und Aktuatorik integrieren, die erforderlich ist, um die Euro- 6-Norm zu erfüllen. Es steuert auch die Komponenten im elektrischen Pfad eines Hybridantriebs und koordiniert die elektrischen Verbraucher im Antriebsstrang sowie das Thermomanagement der Traktionsbatterie.
Weil in einem hybridisierten Antrieb die höchsten Kosten auf den Stromspeicher entfallen, ist es im Grunde erstrebenswert, Akkus mit möglichst kleiner Kapazität zu verwenden. Die Continental-Ingenieure haben deshalb einen völlig neuen Ansatz entwickelt: das prognosebasierte Energiemanagement (pEM). Dahinter steht die Idee, dass ein kleiner Akku, dessen Kapazität permanent voll ausgeschöpft wird, die gleiche verbrauchssenkende Wirkung entfaltet wie ein vergleichsweise größerer, der lediglich innerhalb des heute gebräuchlichen Ladefensters betrieben wird. Zwei Vorkommnisse sind dabei zu umgehen: Der Elektroantrieb könnte höchst effizient genutzt werden, doch ausgerechnet jetzt ist die Batterie leergefahren. Oder: Gute Möglichkeiten zur Rekuperation verstreichen ungenutzt, weil der Verbrennungsmotor den Akku gerade erst wieder aufgeladen hat. Continental begegnet diesem Problem, indem sie vom Energiemanagement (pEM) prognostizieren lässt, wie viel Energie das Fahrzeug benötigt, um die ausgewählte Strecke zu bewältigen - und dies nicht nur in Summe, sondern auch in Bezug auf jeden beliebigen Teilabschnitt. Dazu liefert das eHorizon von Continental die Daten aus dem Navigationssystem, z. B. Streckenlänge und -profil, Zahl und Lage der Kurven und Kreuzungen, Geschwindigkeitsbeschränkungen. Zusätzlich werden Informationen zum Fahrstil des Lenkers zugrunde gelegt. Das Engine Management System steuert dann auf dieser Basis zum Beispiel, wo wieviel an Bremsenergie rekuperiert wird, auf welchem Streckenabschnitt der Verbrenner durch Lastpunktanhebung die Batterie mit geringstmöglichem Mehrverbrauch nachlädt, wo reiner EV-Modus möglich ist und vieles mehr. Diese neue Funktion der Motorsteuereinheit managt mithin nicht nur die Drehmoment- anforderung des Fahrers, sondern den gesamten Energiefluss im Antriebsstrang sowie dessen Energieträger Kraftstoff und Strom. Das Akronym EMS könnte also nicht nur für "Engine Management System" stehen, sondern auch für "Energy Management System". Unter diesen Voraussetzungen wird es dann auch möglich sein, das Ladefenster des Akkus bis an die elektrochemischen Grenzen auszureizen. So werden Nutzungsgrad und -intensität des Stromspeichers maximiert. Anhand von Versuchsfahrten konnten die Ingenieure zeigen, dass ein derart umfassendes Energiemanagement den Gesamtenergieverbrauch um bis zu 10 Prozent drücken kann.
EMS 3 reduziert Variantenvielfalt und Komplexität
Nicht nur dieses ausgeklügelte Energiemanagement und die im Gefolge kleinere Traktionsbatterie tragen dazu bei, dass die Systemkosten beherrschbar bleiben. Da die neue Motorsteuerungsplattform konsequent auf PowerSAR®, der Powertrain-Implementierung des AUTOSAR-Standards basiert, können zudem bestehende Subsysteme häufig nahtlos weiterverwendet oder durch AUTOSAR-basierte Object-Codes vom Kunden ersetzt werden. Viele Applikationen sind bereits jetzt skalierbar ausgelegt, so dass sie für Motoren unterschiedlicher Zylinderzahlen, Kraftstoffarten oder Fahrzeugklassen verwendet werden können. So sind die Energie- und Momentenmanagement- Funktionen oder die Luftpfadfunktion sowohl für Diesel- als auch für Ottofahrzeuge nutzbar, die SCR-Funktion vom Pkw bis zum schweren Lkw einsetzbar.
Darüber hinaus bildet die EMS3 Plattform das stetige Zusammenrücken von Otto- und Dieselprinzip auch in der Systemarchitektur ab. Viele Funktionen werden bereits gleichermaßen für den Einsatz in einer Otto- und Dieselumgebung entwickelt. Künftig werden in der Division Powertrain die Funktionen und Lösungen in der EMS3 Plattform gebündelt. Dieser ganzheitliche Ansatz dämmt die Variantenvielfalt und Komplexität im Gesamtsystem nachhaltig ein.