- Renommierter Wissenschaftspreis geht an Kooperation zwischen Münsteraner Biologen und Reifenhersteller Continental
- Naturkautschuk aus Löwenzahnwurzel soll Kautschukgewinnung nachhaltiger machen - Erste Testreifen wurden bereits erfolgreich geprüft
Im Projekt "RUBIN - Industrialisierung von Kautschuk aus Löwen-zahn", arbeiten das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und angewandte Oekologie (IME), Außenstelle Münster, das Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen (IBBP) der WWU Münster und die Division Reifen von Continental in Hannover erfolgreich zusammen. Jetzt wurden die leitenden Wissenschaftler des Projekts mit dem renommierten Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet - für ihre Forschung am Russischen Löwenzahn und die Entwicklung von Autoreifen-Prototypen auf Basis von Löwenzahn-Kautschuk. Die Auszeichnung wurde gestern in Wiesbaden an Prof. Dirk Prüfer und Dr. Christian Schulze Gronover (IME und IBBP) sowie Dr. Carla Recker (Continental) im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck und dem hessischen Ministerpräsident Volker Bouffier übergeben. "Ziel dieses gemeinsamen Projektes ist es, ein Verfahren zur industriellen Nutzung von Löwenzahn als Kautschuklieferant zu entwickeln. Die Pflanze kann aufgrund ihrer agrarischen Anspruchslosigkeit auch in der nördlichen Hemisphäre auf für die Nahrungsmittelproduktion ungeeigneten Flächen angebaut werden. So ist die Kautschukproduktion beispielsweise in der Nähe unserer Reifenfabriken denkbar und die viel kürzeren Transportwege würden den CO2-Ausstoß reduzieren", bemerkte Dr. Carla Recker, die bei Continental das vielversprechende Material-Entwicklungsprojekt leitet.
"Wir haben mit unseren Teams herausgefunden, welche Gene die Kautschukproduktion fördern und welche sie behindern. Basierend auf diesen Erkenntnissen konnten wir Pflanzen entwickeln, die etwa doppelt so viel Naturkautschuk produzieren. Zudem ist uns mit einer kleinen Pilotanlage die Extraktion von mehreren Kilo Löwenzahn-Kautschuk gelungen, wodurch sich die Perspektive auf eine Skalierung für die industrielle Produktion im Tonnen-Maßstab eröffnete", sagten Prüfer und Schulze Gronover anlässlich der Preisverleihung. "Wir freuen uns sehr über diese hohe Auszeichnung für unser gemeinsames Projekt", ergänzte Dr. Carla Recker. "Damit kann die Herstellung von Reifen noch umweltverträglicher werden, ohne dass wir dabei auf unsere hohen Qualitätsstandards verzichten oder Performance-Einbußen in Kauf nehmen müssen."
Das Projekt verläuft bisher sehr erfolgreich. Erste Testreifen konnten bereits unter sommerlichen wie winterlichen Bedingungen geprüft werden. Die Reifen aus Löwenzahnkautschuk zeigen ein äquivalentes Eigenschaftsprofil im Vergleich zu Reifen aus herkömmlichem Naturkautschuk vom Gummibaum (Hevea brasiliensis). Continental rechnet heute mit der Einführung in die Serienproduktion solcher Reifen in fünf bis zehn Jahren. Weitere Informationen zur Projekt-Entwicklung stehen unter www.taraxagum.de bereit.
Seit 1978 verleiht die Fraunhofer-Gesellschaft alljährlich Auszeichnungen für herausragende wissenschaftliche Leistungen. Die Joseph-von-Fraunhofer-Preise gehen an Forscherinnen und Forscher, die anwendungsnahe Probleme lösen. 2015 wurden drei Joseph-von-Fraunhofer-Preise verliehen. Die beiden anderen Auszeichnungen gingen in diesem Jahr an das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden sowie an das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen. Der Wissenschaftspreis wird seit 1978 vergeben und erinnert an Joseph von Fraunhofer (1787 - 1824), einen Optiker und Physiker, der die Ergebnisse exakter wissenschaftlicher Arbeit zur Entwicklung neuartiger Produkte nutzte.