- Vernetzung einzelner Assistenzsysteme: Continental und die TU Darmstadt erforschen ein ganzheitliches Fahrerassistenz- und Manöverautomationskonzept.
- PRORETA 3 hat ein System zum Ziel, welches das Fahrzeug in einem sicheren Fahrkorridor hält; kooperative Automation ermöglicht automatisierte Fahrmanöver.
- Innovative Mensch-Maschine-Schnittstelle macht den Systemzustand und die Aufgabenteilung zwischen Mensch und Auto intuitiv verständlich.
Der internationale Automobilzulieferer Continental und die Technische Universität (TU) Darmstadt haben im Rahmen des dreieinhalbjährigen Forschungs- projekts PRORETA 3 ein ganzheitliches Fahrerassistenz- und Manöverautomationskonzept erforscht. "Assistenzsysteme wie Spurhalteassistenten oder Kollisionswarner funktionieren bisher in Fahrzeugen wie unabhängige Einzelsysteme. Bei PRORETA 3 haben wir die Fahrerassistenzsysteme so vernetzt, dass die Funktionen aufgewertet und funktionierende Synergien erreicht wurden", sagte Professor Dr. Hermann Winner, Leiter des Fachgebiets Fahrzeugtechnik an der TU Darmstadt und Projektleiter von PRORETA 3. "Durch die Vernetzung kann die vorhandene Sensorinfrastruktur im Fahrzeug optimal ausgenutzt werden. So wird die Fahrerin oder der Fahrer im Forschungsfahrzeug von einem durchgängigen System für Fahrsicherheit und Assistenz unterstützt - mit dem obersten Ziel, Unfälle zu vermeiden", ergänzte Dr. Peter Rieth, Leiter Systems & Technology der Continental Division Chassis & Safety. Zudem wurde ein innovatives Informations- und Warnkonzept erforscht, das den Fahrer bei der Bewältigung seiner Fahraufgabe entlastet. Die PRORETA 3 Forschungsergebnisse sowie das Forschungsfahrzeug wurden heute auf dem August-Euler- Flughafen in Griesheim (bei Darmstadt) präsentiert.
Fahrzeug wird permanent in sicherem Fahrkorridor gehalten
Während des Fahrens wird das Fahrzeug permanent in einem verkehrsregelkonformen und sicheren Fahrkorridor gehalten - dem sogenannten Sicherheitskorridor. Dies geschieht, solange wie möglich, frei von intervenierenden Eingriffen. Nur in kritischen Situationen wird gewarnt oder, falls nötig, mit Korrekturmanövern eingegriffen, zum Beispiel in zu schnell gefahrenen Kurven, bei plötzlich auftauchenden Hindernissen, in Kreuzungs- und Baustellensituationen sowie bei Abbiegemanövern, drohender "Geisterfahrt" oder Nichtbeachten der Rotphase einer Ampel.
Für diesen Sicherheitskorridor ermittelt das PRORETA 3 Konzept die für das Fahrzeug befahrbaren Freiräume. Mit einbezogen werden die vorhergesagten Aufenthaltsbereiche anderer Fahrzeuge, Fahrbahnbegrenzungen und Hindernisse sowie Fahrstreifenmarkierungen. Daraus wird mit Hilfe eines Algorithmus die Trajektorie - also der Bewegungspfad - berechnet. Die darauf aufsetzende Regelung sowie die Informationen, die dem Fahrer in der Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) angezeigt werden, stellen ein für den Fahrer konsistentes Fahrerassistenzsystem dar, welches ihn bei der Bewältigung seiner Fahraufgabe situationsabhängig unterstützt und vor potentiellen Gefahren schützt.
Fahrzeug kann ausgewählte Manöver automatisiert fahren
Zusätzlich zur permanenten Sicherheitsfunktion bietet PRORETA 3 dem Fahrer im Modus 'kooperative Automation' ein manöverbasiertes, teilautomatisiertes Fahren an. Auf Wunsch des Fahrers übernimmt dabei das Forschungsfahrzeug die Längs- und Querführung für ganze Manöver. Dazu gehören sowohl Fahrstreifenwechsel als auch Abbiegemanöver an Kreuzungen. Um beispielsweise das Abbiegen zu delegieren, genügt es, wenn der Fahrer rechtzeitig vor einer erkannten Kreuzung den Blinker setzt - das Manöver wird dann automatisiert ausgeführt. "Ein solches Konzept der Automatisierung auf Manöverebene konnte bei PRORETA 3 erstmals in einem Forschungsfahrzeug umgesetzt werden", so Professor Dr. Hermann Winner.
Intuitive, transparente Mensch-Maschine-Schnittstelle
Für das PRORETA-3-Forschungsfahrzeug wurde ein innovatives Informations- und Warnkonzept erforscht: Das PRORETA- Kombiinstrument, ein 360-Grad-Leuchtband und eine darauf abgestimmte akustische Warnstrategie sowie das aktive Gaspedal AFFP (Accelerator Force Feedback Pedal) informieren den Fahrer auf eine intuitive Art über den aktuellen Assistenzmodus und relevante Gefahrensituationen. Eine Kamera im Innenraum des Fahrzeugs analysiert kontinuierlich das Blickverhalten des Fahrers. Abhängig von der Blickrichtung wird die Aufmerksamkeit des Fahrers mit Hilfe eines 'Lichtkometen' gezielt auf die kritischen Stellen im Verkehrsgeschehen gelenkt. "Diese neuartige Instrumentierung unterstützt den Fahrer bei seiner Fahraufgabe, gestaltet die Funktionsweise transparent und macht den Fahrer so mit der neuen Funktion vertraut", sagte Ralf Lenninger, Leiter Interior Electronics Solutions bei der Continental Division Interior.
Forschungskooperation mit langjähriger Tradition - Zwölf Jahre PRORETA
PRORETA 3 wurde im Jahr 2011 gestartet und ist bereits das dritte interdisziplinäre Forschungsprojekt von Continental und der TU Darmstadt zum unfallvermeidenden Auto. Von Seiten der TU Darmstadt sind die Fachgebiete Fahrzeugtechnik, Arbeitswissenschaft, Regelungsmethoden und Robotik sowie Regelungstechnik und Mechatronik beteiligt.
Das erste PRORETA-Projekt (2002 - 2006) befasste sich mit einem Assistenzkonzept für Notbremsungen und Notausweichen vor Hindernissen wie vorausfahrendem oder stehendem Verkehr. Bei PRORETA 2 (2006 - 2009) wurde ein Überholassistent vorgestellt, der Unfälle mit entgegenkommendem Verkehr verhindern kann. Bereits seit den 1980er Jahren arbeiten die Technische Universität Darmstadt (damals Technische Hochschule) und Continental an gemeinsamen Forschungsprojekten.
Über die TU Darmstadt
Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland. Ihre rund 300 Professorinnen und Professoren, 4.250 wissenschaftliche und administrativ-technische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Auszubildende und wissenschaftliche Hilfskräfte sowie 25.100 Studierende widmen sich entscheidenden Zukunftsfeldern wie Energie, Mobilität, Kommunikation und Information sowie Bauen und Wohnen. Die vielfältigen Disziplinen der Universität konzentrieren sich alle auf Technik - aus der Perspektive der Ingenieur-, Natur-, Geistes- und Gesellschaftswissenschaften - von der Erkenntnis bis zur Anwendung im Alltag.
Die TU Darmstadt ist die erste autonome Universität in Deutschland und verfügte 2013 über einen Landesmitteletat von rund 271 Millionen Euro (inkl. aller Baumittel). Ihre Innovationskraft drückt sich unter anderem im hohen Drittmittel-Budget aus: Mit rund 160 Millionen Euro Drittmittel vor allem von der Industrie, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bund und der Europäischen Union sowie 13,5 Mio. Euro im LOEWE-Wettbewerb eingenommene Landessondermittel (2013) gehört sie zur Spitzenklasse der Universitäten in Deutschland.
In den renommierten Rankings der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Alexander von Humboldt-Stiftung, des Centrums für Hochschulentwicklung sowie in einschlägigen Umfragen bei Personalvorständen bedeutender Unternehmen beweist die TU Darmstadt immer wieder ihre Spitzenstellung in Forschung, Studienqualität und Qualifizierung für beste Chancen und Positionen.
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