„Natürlich haben wir mehr drauf als nur Ziegel auf dem Dach zu verlegen“, klärt Dipl. Ing. Architektur an der Techn.Universität München (TUM) Andrea Schulte-Täumer vom Dachdecker Verband Nordrhein auf. „Unsere Arbeitsplätze reichen vom Fundament, das wir abdichten, über die Fassade, die wir energetisch optimieren bis zur Solaranlage auf dem Dach“.
Die beste Möglichkeit, diese Vielfalt kennenzulernen ist, bei einem Praktikum mal die Höhenluft des Dachdeckerhandwerks zu schnuppern. Aber Vorsicht: Es besteht durchaus „Suchtgefahr“, wie die Dachdecker- und Spenglermeisterin schmunzelnd meint.
Auch wenn ein Praktikum bei einem Dachdeckerbetrieb natürlich nicht gleich am ersten Tag auf dem Hochhausdach startet, ist für viele Schülerinnen und Schüler die „Erstbesteigung“ eines Hausdaches durchaus beeindruckend. Sicherheit ist in diesem Handwerk oberstes Gebot. Das gilt nicht nur bei der Arbeit auf dem Dach, sondern für jede der vielen Tätigkeiten der Dachdecker. Zum Alltag gehört der Umgang mit Gasbrennern, Blechscheren, Sägen, und Schraubern, das Arbeiten mit Kraneinsatz und Schrägaufzug. Auch wenn Sportlichkeit zu diesem Gewerk gehört wie der Schieferhammer – Dachdecker sind nicht unbedingt muskelstrotzende Handwerker, sondern echte Hand- und Kopfwerker. Denn ganz gleich, an welchem Bauteil des Hauses Dachdecker gerade arbeiten: Sie befassen sich mit einem Unikat. Und das muss so individuell bearbeitet wie vorab berechnet werden.
Welche Wärmedämmung ist für das Bauteil am besten geeignet, wie dick muss die Dämmung sein, um die gesetzlichen Anforderungen der Energieeinsparverordnung EnEV zu erfüllen? Wie wird das Dachfenster so eingebaut, dass keine Wärmebrücken entstehen können, die in der Folge die Tauwasserbildung begünstigen? Wie funktioniert die Lastabtragung der Dachunterkonstruktion? Welche Metalle können miteinander kombiniert werden?
Das Praktikum gibt einen ersten Einblick in den Alltag dieses Handwerks, das schon über 800 Jahre alt ist, aber auch die Zukunft der Städte mit Maßnahmen zur Energieeffizienz, mit Solartechnik und mit begrünten Dächern als Kleinbiotope aktiv mitgestaltet. Und vor allen Dingen dafür sorgt, dass dringend benötigter Wohnraum geschaffen wird und lebenswert ist.
Übrigens entscheiden sich auch immer mehr Mädchen für dieses Handwerk „ganz oben“. Denn das Beraten schon in der Planungsphase und das Gestalten eines Hauses, das noch in 50, 80 oder 100 Jahren bestehen soll, fasziniert. Und für so manche Dachdecker-Meisterinnen oder Dachdecker-Meister war die Ausbildung der erste Schritt zum späteren Architektur- oder Ingenieurstudium. Die Dachdecker-Karriere endet eben nicht auf der obersten Lage der Dacheindeckung.
Praktikumsplätze bieten viele Dachdecker-Innungsbetriebe an. Die Adressen dieser Betriebe gibt es bei der regionalen Dachdecker-Innung oder im Internet unter www.dachdecker-verband-nr.de
Noch mehr Infos zu Ausbildung und Beruf gibt es über den Link www.DachdeckerDeinBeruf.de