Landesinnungsmeister Hans-Peter Kistenberger (Bruchsal) sieht in seinem Gewerk im wahrsten Sinne des Wortes „beste Aussichten“ für den Nachwuchs. „Unsere Auszubildenden verdienen mit 650 € im Monat schon im ersten Lehrjahr mehr als wohl jeder Abiturient an Taschengeld hat“, so sein deutlicher Hinweis, dass Berufserfolg auch ohne Abitur und Studium möglich sind. „Hier muss ein Umdenken auch bei den Eltern stattfinden, denn Handwerk made in Germany hat weltweit Zukunft“.
Mit der Kampagne www.ObenIstDasNeueVorn.de hat sein Landesinnungsverband zu diesem Aspekt eine eigene Ausbildungsoffensive gestartet.
Volle Auftragsbücher resultieren nach Kistenberger Aussage auch aus den stark gestiegenen Energiepreisen. „Der Umsatz mit der energetischen Optimierung der gesamten Gebäudehülle – also von Dach, Wand und Fundament – hat den Neubau längst überholt“, so der Landesinnungsmeister. Die Investition in energiesparende Maßnahmen lohnt sich nach seiner Meinung auf jeden Fall und ist nicht schuld an den gestiegenen Baukosten der letzten Jahre. Kistenberger verweist dabei auf ein vom Bundesverband Erneuerbare Energie e. V. im Frühjahr veröffentlichtes Gutachten. Demnach sind die strengeren Anforderungen der EnEV und des EEWärmeG nur für ca. ein Sechstel der Baukostensteigerungen seit 2000 verantwortlich. Die zu erwartenden Energiekosten-Einsparungen dagegen seien deutlich höher.
Der Fachkräftemangel beschäftigt das Dachdeckerhandwerk auch bezüglich der zunehmenden Wetterextreme. Hans-Peter Kistenberger: „Nach einer Hagel- oder Sturmwetterlage wird es immer schwieriger, Betroffenen die nötige Soforthilfe umgehend zukommen zu lassen“. Eine Tatsache, die immer häufiger von z. T. unqualifizierten Handwerkerkolonnen ausgenutzt wird. „Die reisen praktisch Unwettern hinterher, um bei Hausbesitzer und Versicherungen schnelles Geld mit fragwürdiger Leistung zu machen“.
Insgesamt sind im Dachdeckerhandwerk Baden-Württemberg 4.670 gewerbliche MitarbeiterInnen beschäftigt. Zum Jahreswechsel 2017/2018 standen in allen drei Lehrjahren 331 Auszubildende in den Startlöchern für die Zukunft „ganz oben“. Positiv auch die Umsatzentwicklung: Im dritten Quartal 2017 konnten die 344 Dachdecker-Innungsbetriebe in den landesweit zehn regionalen Innungen erneut eine Erfolgsmeldung geben: Fast exakt 90 % der Betriebe verzeichneten einen konstanten oder höheren Umsatz als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Apropos Zurücklehnen: Hans-Peter Kistenberger wird sich künftig die Zeit dafür nehmen. Nach insgesamt 18 Jahren kandidiert er bei den Vorstandswahlen am Samstag, den 9. Juni nicht mehr für das Amt des Landesinnungsmeisters. Für seine Nachfolge empfiehlt er seinen bisherigen Stellvertreter - den Freiburger Dachdeckermeister Karl-Heinz Krawczyk – als „nächste Generation, die unser Gewerk in eine Zukunft führt, die bei aller Digitalisierung immer noch auf Handarbeit angewiesen sein wird“.