"Öffentliche Güter und die Bestrafung von Trittbrettfahrern - zwischen Zwang und Freiwilligkeit"
In zahlreichen Disziplinen stellt sich die Frage, wie sich Gesellschaften gegen die Ausbeutung durch Trittbrettfahrer schützen können. In der evolutionären Spieltheorie kann dies durch einfache mathematische Modelle untersucht werden, die in engem Einklang mit ökonomischen Experimenten stehen. Unter sehr allgemeinen Voraussetzungen kann Kooperation durch das Bestrafen der Ausbeuter stabilisiert werden - allerdings nur, wenn die gemeinsame Unternehmung auf Freiwilligkeit statt auf Zwang beruht.
Karl Sigmund: Studium der Mathematik an der Universität Wien, Promotion ebendort (1968), Habilitation ebendort 1972. Forschungsaufenthalte an der University of Manchester, Großbritannien (1969), am Institut des Hautes Etudes in Bures-sur-Yvette bei Paris, Frankreich (1970), und an der Hebrew University in Jerusalem, Israel (1971). Professor für mathematische Statistik an der Universität Göttingen (1973-1974), seit 1974 ordentlicher Professor für Mathematik an der Universität Wien und seit 1984 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute for Applied Systems Analysis in Laxenburg. Mitglied u. a. der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (seit 1999), Präsident der Österreichischen Mathematischen Gesellschaft (1997-2001), Präsident der Abteilung für Naturwissenschaften und Technik beim österreichischen Wissenschaftsfonds FWF (2003-2005). Herausgeber der Monatshefte für Mathematik (1992-2002)
Forschungsschwerpunkte: Ergodentheorie, dynamische Systeme, Biomathematik, evolutionäre Spieltheorie Seit 2003 ist Karl Sigmund Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Sektion Mathematik).
Kontaktadresse: Prof. Dr. Karl Sigmund, Institut für Mathematik der Universität Wien, Nordbergstraße 11, 1090 Wien, Österreich
Prof. Dr. Klaus Tanner ML, Halle (Saale):
"Der Streit in Deutschland um die Stammzellforschung"
Heftige ethische und rechtliche Auseinandersetzungen über den Schutz der frühesten Formen menschlichen Lebens begleiten die moderne Reproduktionsmedizin und ihre Folgeprobleme seit ihrem Beginn. Zugespitzt haben sich diese Kontroversen auf dem Gebiet der Stammzellforschung. Dieses umstrittene Forschungsfeld wird in Deutschland reguliert durch das Embryonenschutzgesetz von 1990 und das Stammzellgesetz von 2002. Mehr als fünf Jahre nach seiner Entstehung ist dieses Gesetz erneut zu einem Kristallisationskern eines ethischen und rechtlichen Grundlagenstreites geworden: Welcher Schutz kommt diesen frühesten Formen menschlichen Lebens in vitro zu? Wie ist dieser Schutz ins Verhältnis zu setzen zu anderen Grundrechten, etwa der Forschungsfreiheit? Wie lässt sich solch ein hochdynamisches Wissenschaftsfeld angemessen regulieren? Ausgelöst wurde die neue Debatte durch Forderungen von Wissenschaftsorganisationen (Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Leopoldina, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften), die eine Novellierung des Gesetzes aufgrund der veränderten Forschungslandschaft für nötig erachten. Der Vortrag wird zunächst die Ausgangslage kurz beleuchten, die in Deutschland derzeit durch die rechtlichen Regelungen gegeben ist. In einem zweiten Schritt sollen einige wichtige Stationen der jüngsten Debatte nachgezeichnet werden. Dadurch soll ein Beitrag geleistet werden zu einer ethischen Hermeneutik, die es erlaubt, Probleme ethischer und politischer Urteilsbildung auf dem Feld der Biopolitik präziser zu erfassen.
Klaus Tanner: Studium der Evangelischen Theologie in Neuendettelsau, München und Heidelberg, Promotion (1989) und Habilitation (1993) an der Universität München. Ordination zum Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (1993). Professor für Systematische Theologie an der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Dresden (1993-1997), seit 1997 ordentlicher Professor am Institut für Systematische Theologie der Universität Halle-Wittenberg. Mitglied u. a. der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages (2000-2002), der Zentralen Ethikkommission der Bundesregierung für Stammzellforschung (seit 2002) und der Senatskommission "Grundsatzfragen der Genforschung" der DFG (seit 2007). Mitherausgeber der Zeitschrift für Evangelische Ethik Forschungsschwerpunkte: Protestantismus und politische Kultur im 19. und 20. Jahrhundert, Geschichte der Ethik, Grundlegungsfragen der Ethik, Medizin- und Bioethik Seit 2007 ist Klaus Tanner Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (Sektion Kulturwissenschaften).
Kontaktadresse: Prof. Dr. Klaus Tanner, Institut für Systematische Theologie, Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg, Franckeplatz 1, Haus 30, 06099 Halle (Saale)
Termin: Dienstag, 19. Februar 2008, 16.30 Uhr
Ort: Vortragsgebäude der Akademie Leopoldina
Emil-Abderhalden-Straße 36, 06108 Halle (Saale)