Es ist so wichtig „eine Stimme zu haben“ und gehört zu werden, so Klotz: „Die Krankheit führt zu einer ungewollten Vereinsamung.“ Klotz, 61 Jahre, alleinerziehende Mutter von drei Kindern, hat vor vier Jahren die Diagnose Demenz erhalten. Damals, 2017, war sie Geschäftsführerin einer großen IT-Firma und trug dort Personalverantwortung für über 200 Menschen. Doch dann unterliefen ihr immer wieder Fehler - die Diagnose „Demenz“ riss sie mitten aus ihrem Berufsleben. Schnell kam es zu einer Kündigung und zur Berentung. Sie, die immer mittendrin war, machte die Erfahrung, dass sich Menschen aus ihrem beruflichen und privaten Umfeld bewusst oder verunsichert zurückzogen, sobald sie das Wort „Demenz“ hörten. Sie ist wütend und enttäuscht, dass sie bei Ärzten und Ärztinnen, auf Ämtern und bei Institutionen und Einrichtungen oft übersehen und nicht gehört wird: „Es gibt wenige Krankheiten, wo so viel über, aber nicht mit den Erkrankten direkt gesprochen wird.“ Unsere Gesellschaft ist zu wenig auf die Anliegen von Menschen mit beginnender Demenz und die Lebenssituationen von Menschen, bei denen die Krankheit in relativ jungem Alter auftritt, eingestellt.
In Deutschland gibt es ungefähr 60 Gruppen für Menschen mit beginnender Demenz. Der Bedarf steigt. Dies ist auch bei den örtlichen und regionalen Alzheimer-Gesellschaften spürbar. Dort melden sich immer mehr Menschen mit einer beginnenden Demenz, die für sich Austausch und Unterstützung suchen, berichteten die 30 Moderatorinnen und Moderatoren beim Online-Erfahrungsaustausch der DAlzG. Sie begleiten solche Gruppen teilweise seit mehr als zehn Jahren.
Der Online-Austausch wollte stärken und Mut machen. Die Teilnehmenden gaben ihre Erfahrungen weiter, zum Beispiel wie man Zugang findet zu Menschen mit beginnender Demenz, wie die Balance zwischen Autonomie und Fürsorge gehalten und wie der Abschied aus der Gruppe beim Fortschreiten der Erkrankung gestaltet werden kann.
„Das Bild der Demenz in der Gesellschaft muss sich ändern“, sagt Klotz. Dazu kann jeder Einzelne beitragen. „Ich bin immer noch da, will mich weiter engagieren, will ein aktiver Teil der Gesellschaft sein und ich habe noch viel zu geben“, so Klotz.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft vertritt als Selbsthilfeorganisation die Interessen von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen. Dabei lässt sie sich unter anderem von ihrem Beirat „Leben mit Demenz“ beraten, dem Menschen mit beginnender Demenz aus verschiedenen Regionen Deutschlands angehören. Hinweise zum Aufbau von Gruppen gibt sie unter anderem mit der Broschüre „Gruppen für Menschen mit beginnender Demenz. Eine Anleitung zum Gründen und Gestalten“, die für 4 Euro erhältlich ist im Online-Shop der DAlzG.
Hintergrund
In Deutschland leben heute etwa 1,6 Millionen Menschen mit Demenzerkrankungen. Etwa zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Jährlich erkranken rund 300.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent davon haben eine Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzerkrankten wird bis 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt. Das Alter ist der größte Risikofaktor für eine Demenzerkrankung, doch in Deutschland leben auch rund 25.000 Menschen unter 65 Jahren mit Demenz.